KÜS-Ingenieur Thorsten Helfen referierte zum Thema Sicherheit bei Winterreifen vor einem Fach-Auditorium
Dem ein oder anderen der etwa 80 anwesenden deutschen Fachjournalisten mögen sich die Nackenhaare vor Entsetzen gestellt haben, als Thorsten Helfen von der Technischen Leitung der KÜS bei einem Workshop des Reifenherstellers Dunlop in dessen Werk in Wittlich (Eifel) aus dem Nähkästchen plauderte. Der Prüfingenieur der Sachverständigen-Organisation referierte im Rahmen des Experten-Symposiums zum Thema Winterreifen, Sicherheit und Montage und machte dabei deutlich, dass das Thema Reifen den Fachleuten der KÜS bei der Hauptuntersuchung nach Paragraph 29 StVZO (Straßenverkehrszulassungsverordnung) zwar keine schlaflosen Nächte bereitet, aber immer wieder für (unangenehme) Überraschungen bereit ist.
Zudem ist das Thema Reifen bei Fahrzeugen, die mit Mängeln bei der HU behaftet sind, weitaus relevanter, als vielleicht auch von den Experten angenommen worden war. 9,54 Prozent aller Fahrzeuge, die mit Mängeln behaftet waren, hatten Beanstandungen an den Reifen aufzuweisen, erklärte Helfen, der verschiedene Gründe für schadhafte Pneus anführte und dies auch mit zum Teil schauerlichen Aufnahmen optisch unterlegte. Von nicht ausreichender Profiltiefe über die Verwendung nicht zugelassener Reifengrößen oder die unzulässige Verwendung verschiedener Bauarten spannte sich der Bogen des Schadens-Kaleidoskops.
Gründe für Beschädigungen am Reifen und damit für Beanstandungen im Rahmen der Hauptuntersuchung könnten verschiedene Ursachen haben, sagte Helfen. Das könnte auf schadhafte Dämpfer, Überbeanspruchung, Bordstein-Kanten bis hin zu unzulässigen Änderungen an Fahrwerks- und Karosserieteilen, der Radaufhängung, Bremsanlage und Lenkanlage reichen. Mitunter aber seien auch selbst ernannte Tuner am Werk, de sich ihren Eintritt ins Gruselkabinett der KÜS-Prüfingenieure mit Fug und Recht erarbeitet hätten. Diese Auto-Verschlimmbesserer bereiteten den Fachleuten der KÜS durch ihre eigenmächtige Handhabung am Fahrzeug (Umbauten, Anbauten von zum Teil nicht genehmigten Teilen) oft ziemliches Kopfschütteln. Manch einer kommt mit Rädern daher, wie sie wohl auch Ben Hur seinerzeit an seinem Streitwagen verwendet hatte, verdeutlichte Helfen unter dem Gelächter des Auditoriums.
Er äußerte sich auch zum Schneeflockensymbol der Reifenindustrie, zur zulässigen Kennzeichnung von Winterreifen gemäß ECE-Richtlinie zum Thema Profiltiefe, die der Gesetzgeber bei mindestens 1,6 Millimeter festgelegt hat. Vier Millimeter sind jedoch aus der Sicht des Fachmanns für die Fahrsicherheit absolut zwingend notwendig. Schließlich ging er auch auf die Novellierung der StVO vom Mai 2006 ein, die den Führern von Kraftfahrzeugen bei nicht geeigneter Bereifung ein Knöllchen von 20 Euro und im Falle einer Behinderung sogar von 40 Euro und einen Punkt in Flensburg einbringt. Da es keine Winterreifenpflicht gibt, könnten also sowohl Sommer- als auch Winterreifen bei Eis und Schnee verwendet werden. Die Bereifung müssen allerdings – abhängig von Witterung und Jahreszeit – geeignet sein. Oder aber wie Herr Sauerhöfer im Anschlussvortrag diesen Sachverhalt schön umschrieben hat: Man hat mit dieser Regelung in Deutschland eine Winterreifenpflicht für Besonnene eingeführt.
Text: Jürgen C. Braun