Zum Vergleich: Vor gut einem Jahr zeigte Citroën seine Idee eines City-Vehikels das erste Mal in Form einer Messe-Studie auf dem Genfer Autosalon; damals war noch von 100 Kilometern Reichweite die Rede. (KÜS Newsroom 19. Februar 2019). Die fehlenden 30 Kilometer allein werden allerdings nicht über Wohl und Wehe des Ami entscheiden, schließlich sind 70 Kilometer in der Stadt schon relativ viel. Und weil der kleine Lithium-Ionen-Akku nur 5,5 Kilowattstunden Kapazität hat, ist er auch an einer Haushaltssteckdose nach nur drei Stunden wieder vollgeladen.
Nahezu eins zu eins von der Studie übernommen hat Citroën das etwas gewöhnungsbedürftige Kasten-Design. Das Auto sieht von vorne und hinten relativ gleich aus und erinnert wie schon die Studie an ein Lego-Auto. Witzig: Fahrer- und Beifahrertür sind identisch, links ist die Tür hinten angeschlagen, rechts vorne; mit solchen Gleichteilen will Citroën die Kosten senken. Auch die kompakten Abmessungen hat sich der Ami bewahrt. Der Ansatz der Designer: Ein Stadtauto sollte so wenig Platz wie möglich auf der Straße wegnehmen. Das ist ihnen gelungen, mit 2,41 Meter Länge unterbietet der Zweisitzer selbst die erste Smart-Generation. Trotzdem sitzen auch zwei großgewachsene Passagiere erstaunlich komfortabel. Absolut großstadttauglich ist auch die Breite, gerade mal 1,39 Meter (ohne Außenspiegel) misst der City-Floh und kann sich damit auch problemlos durch zugeparkte Gassen schlängeln. Ein weiterer Pluspunkt: Die kompakten Abmessungen sorgen zusammen mit kleinen 14-Zoll-Rädern für einen winzigen Wendekreis von 7,20 Metern.
Ein wenig Stauraum findet sich auf dem Armaturenbrett und hinter den Sitzen, viel Platz für Komfort bleibt in dem Mobilitäts-Würfel allerdings nicht: Der Beifahrersitz bietet keinerlei Verstellmöglichkeiten, es gibt wie bei der Ente nur Klappscheiben, kein Infotainmentsystem, manuell zu verstellende Außenspiegel und reichlich Hartplastik. Wirklich stören wird sich daran auf dem Weg vom Eiffelturm nach Montmartre oder vom Brandenburger Tor zum Alexanderplatz aber keiner. Schwerer dürfte dem ein oder anderen der Verzicht in Sachen Höchstgeschwindigkeit fallen: Maximal läuft der von einem 5 kW/7 PS starken E-Motor befeuerte Ami 45 km/h. Das reicht in den staugeplagten Metropolen tagsüber allemal, nachts, wenn die Münchner Leopold-Straße tatsächlich einmal leer ist, könnte man sich trotz nur gut 400 Kilogramm Leergewicht aber durchaus ein wenig untermotorisiert fühlen.
Das strikte Tempolimit ist allerdings ein geschickter Schachzug von Citroën: So darf man den Zwerg in Deutschland bereits mit 16 Jahren und Rollerführerschein fahren; in seinem Heimatland dürfen damit sogar 14-jährige auf Tour gehen. So positionieren sich die Franzosen also weniger als Konkurrenz zum Auto, sondern viel mehr zu Mofas und anderen Zweirädern – mit einem Dach über dem Kopf, einer Knautschzone und besseren Transportmöglichkeiten. Zudem will Citroën den Zugang zum Ami so einfach wie möglich gestalten: In Frankreich soll man den Stromer schon ab knapp 20 Euro im Monat leasen können, wer den kleinen Flitzer kaufen will, muss lediglich 6.900 Euro auf den Tisch legen. Das macht ihn auch für Unternehmen interessant, die sich ein paar Amis als Pool-Fahrzeuge für die Mitarbeiter in die Garage stellen könnten. Außerdem integriert der Autobauer den Ami in seinen Carsharing-Dienst Free2Move, worüber er zum Minutenpreis von 26 Cent zu mieten sein soll. Wie das Preismodell in Deutschland aussieht, ist noch offen. Hierzulande startet der Elektro-Ami voraussichtlich Ende 2020. Sicher ist aber jetzt schon, dass die Franzosen auch beim Vertrieb neue Wege gehen wollen: Nicht nur bei den Citroën-Händlern also klassisch, soll der Ami auch komplett online gekauft werden können – sondern auch komplett online.
Fotos: Citroën