Vor 30 Jahren feierte der Legacy (englisch für „Erbe“) sein medienwirksames Debüt. Denn es waren 100.000-Kilometer-Langstrecken-Weltrekorde, mit denen sich der Turbo-Boxer als erste Allrad-Limousine überhaupt ins FIA-Ranking der Vmax-Rekorde eintrug. Tatsächlich sollte der Legacy mit der damals bereits 20-jährigen 4×4-Erfahrung von Subaru eigentlich parallel in Amerika und in Europa einen Allradhype zünden. Ein Plan, der nur bedingt aufging, überzeugte der Subaru doch diesseits des Atlantiks anfangs vor allem Jäger und Forstarbeiter. Anders sah es in den USA aus, dort hatte bereits Präsident Ronald Reagan einen Subaru Pick-up in seinem privaten Fuhrpark und Werbebotschafter Paul Hogan alias Kinoheld „Crocodile Dundee“ popularisierte den Subaru Outback als ersten Crossover-Kombi in Millionenauflage. In Europa dauerte es dagegen Jahre, bis der Legacy eine Größe in den Köpfen von 4×4-Fans wurde. Was eher am dezenten Design lag – der Werbeslogan „Stil statt Styling“ verriet es – als an der Technik, denn mit teils bärenstarken Boxermotoren, mutigem Boxer-Diesel und permanent verfeinertem Allradantrieb trumpfte der Legacy nicht nur bei Rekordfahrten und Rallyes auf.
Die Welt war im Umbruch im Jahr 1989. Die Mauer zwischen Ost und West fiel und die legendäre letzte Mahnung des sowjetischen Staatslenkers Michail Gorbatschow an die Machtheber in der DDR – „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ – ging in die Geschichtsbücher ein. Der fernöstliche Autobauer Subaru dagegen war mit seinen Allrad-Pkw viel früher dran als alle anderen und wurde für diesen Wagemut trotzdem nur auf wenigen Märkten belohnt. Seit 1972 produzierten die Japaner den Leone in verschiedenen Karosserieformen mit markentypischem Boxermotor und Allradantrieb und in Nordamerika konnten die kompakten Vierzylinder mit diesem Konzept sogar gegen die etablierten rustikalen Jeep und Ford Bronco punkten, aber auch Käufer konventioneller Volvo-Kombis gewinnen. In Deutschland versuchte Subaru diesen Erfahrungs-Vorsprung durch Allrad ab 1980 in Verkaufserfolge umzusetzen, passgenau zum Debüt des ersten Audi quattro. Während allerdings Audi durch spektakuläre Motorsporterfolge mit quattro-Coupés sofort einen gewaltigen Imageschub erfuhr, blieb es um Subaru relativ ruhig. Die überwiegend im Asia-Look gehaltenen Limousinen, Kombis und Coupés überzeugten trotz temperamentvoller Turboaggregate nur Kunden, die Allrad im Alltag wirklich brauchten. Mehr Zugkraft zeigen sollte deshalb der Legacy, der den Vierradantrieb in gefällige Formen verpackte, die der europäische Geschmack goutierte.
Hinzu kamen ausgedehnte Testfahrten auf deutschen Autobahnen und die Dynamikdemonstrationen durch Langstreckenweltrekorde. Auch für die WRC-Rallyepisten machte sich der Legacy fit, dazu war 1988 eigens Subaru Tecnica International (STI) gegründet worden. Fast schien es, als könne Subaru dank des Legacy endlich einen Image-Boost erfahren ähnlich wie ihn Audi zuvor durch das quattro-Konzept erlebt hatte. Immerhin erzielte der Legacy Auftakterfolge bei Rallyes wie der Safari und auch beim Pikes-Peak-Bergrennen, der Durchbruch als lange Zeit unschlagbarer WRC-Champion gelang jedoch erst 1995 dem Subaru Impreza STI. Stattdessen waren es in Deutschland Sondermodelle à la Hubertus, die den Legacy zunächst in die Forst- und Jagdnische schoben. Dann aber sprang Subaru auf den allmählich anrollenden SUV-Zug auf und traf den Zeitgeist mitten ins Herz. Der 1995 gezeigte Legacy Outback trug das wilde Hinterland von Australien im Namen und war als fein ausstaffierter Vier- und Sechszylinder stilsicher in Staub und Schlamm unterwegs, aber gleichzeitig familientauglich und flott wie die BMW Touring und Audi Avant.
Wenig überraschend, dass andere wie Volvo V70 XC und Audi Allroad diese japanische Crossover-Idee ebenfalls umsetzten. Derweil gestand Subaru seinem Shootingstar einen Sonderstatus zu und verkaufte den Outback ab 1998 ohne Namenszusatz Legacy. Seinen Charakterkopf in der Crossover-Welt bewies der Outback auf manchen Märkten übrigens sogar als Stufenhecklimousine im Offroad-Dress. Allerdings war er damit dem Allradgeschmack zu weit voraus, ein Schicksal, das hierzulande kühne Hochbeiner wie den Golf Country ebenfalls ereilte. Kurzlebig blieb zum Bedauern von Surfern und Pick-up-Fans der Subaru Baja. Nur wenige hundert Einheiten dieses bis zu 154 kW/210 PS starken Legacy im Pritschenwagen-Outfit wurden ab 2003 in Deutschland ausgeliefert. Noch rarer waren nur die rasanten Pulsbeschleuniger Legacy GT-B mit Twin-Turbo-Boxer und der 207 kW/282 PS leistende Legacy STI S402 Kombi, der auf fernöstlichen Rundstrecken eine gute Figur machte.
Die großen Stückzahlen sicherten Subaru dagegen weiterhin alle konventionellen, im Fünf-Jahres-Turnus erneuerten Legacy Limousinen und die Kombis mit dem Outback als Flaggschiff. Am Konzept der Baureihe änderte sich über fünf Generationen bis zum Jahr 2014 wenig, aber unter dem Blech tat sich dafür umso mehr. Waren es anfangs 147 kW/200 PS freisetzende Turbo-Boxer, die die keineswegs leichten Allradler in 6,7 Sekunden auf Tempo 100 katapultierten – das schafften damals sonst fast nur Supersportwagen – markierten ab 2009 bis zu 3,6 Liter große Sechszylinder mit 191 kW/260 PS einen Leistungszenit. Tatsächlich gehörte ein Hauch Oberklasse von Beginn an zur Legacy-Charakteristik, symbolisiert etwa durch die elektronisch gesteuerte Luftfederung, oder eine frühe Viergang-Automatik mit Lamellenkupplung und aktiver Drehmomentverteilung.
Als technikverliebte Marke setzt Subaru bis heute auf eigenwillige Lösungen und so gab es die Legacy und Outback ab 2008 mit dem weltweit ersten in Großserie gebauten Boxer-Diesel. Ein laufruhiger Vierzylinder-Selbstzünder, der speziell die Europäer begeistern sollte, aber trotz geringer Verbrauchswerte die deutschen Verkaufszahlen der Subaru-Flaggschiff-Modelle nur sanft beschleunigte. Während die Amerikaner die Subaru als robuste und stylische Kultfahrzeuge feiern und millionenfach kaufen – das größte Legacy-Werk befindet sich in Lafayette (Indiana) – konzentrieren sich die Erfolge in der Alten Welt auf eine eingeschworene Crossover-Community. Weshalb Subaru Deutschland die 2014 vorgestellte sechste Legacy-Generation nur noch als Outback importiert und die Rolle des klassischen Familienkombis auf den Levorg übertragen hat, der seine Ableitung vom Legacy im Namen symbolisiert. Sechs Millionen Legacy, Outback und Levorg in 30 Jahren sollte Subaru eigentlich in Feierlaune versetzen. Aber Subaru bleibt anders und arbeitet stattdessen am Allrad-Jahrgang 2020 mit hybridisierten Boxern.
Fotos: Subaru