Rosenstolz: Das große Leben. (Island/Universal)
Manchmal sind die Zweitplatzierten die wirklichen Sieger, so wie Rosenstolz, die 1998 gegen Guildo Horn nicht wirklich eine Chance hatten, die deutsche Vorauswahl zum Eurovisionswettbewerb für sich zu entscheiden. Trotzdem wurde ihr Herzensschöner für AnNa R. und Peter Plate zum endgültigen Durchbruch. Als sie einige Jahre später ein Album schlicht Kassengift tauften, war das schon pure Selbstironie.
Das große Leben hat auf Anhieb die Charts gestürmt. Das Erfolgsgeheimnis von Rosenstolz lässt sich vielleicht ganz einfach beschreiben: Jede ihrer CDs, aber Das große Leben ganz besonders, klingt so, als habe der große Ruhm die beiden noch gar nicht erreicht. Es scheint keinen Unterschied zu machen, ob ihre CDs weggehen wie warme Semmeln oder AnNa R. und Peter Plate in einem kleinen Club spielen, von einer kleinen Fangemeinde geliebt, von vielen aber mißtrauisch beäugt und irritiert vernommen: Chanson? Cabaret? Schlager? Von allem ein wenig, ja, aber keinen Zeitgeist bedienend, keinem Trend folgend.So war das jedenfalls in den frühen neunziger Jahren, als sie mit dezent verstörenden Titeln wie Die Schlampen sind müde sich langsam, aber sicher einen Namen machten – bis schließlich eine große Plattenfirma auf sie aufmerksam wurde.
Nun sind AnNa und Peter erstens kein bißchen müde und zweitens in Wirklichkeit ausgesprochen brav. Und talentiert. Das große Leben ist sparsam instrumentiert, mit viel Liebe produziert und lebt vor allem von AnNas unverwechselbarer Stimme. Die Lieder beschreiben vor allem die Liebe als Wechselbad in allen möglichen Gefühlsstürmen (da erweisen sich Rosenstolz wieder einmal als Meister im Sezieren von Emotionen), und bevor es vielleicht zu pathetisch wird, kommt der Titel Bester Feind als Korrektiv. Denn der handelt von dem Problem, sich selbst im täglichen Leben nach Kräften im Wege zu stehen: Wie soll es denn da, bitteschön, mit anderen klappen?