Vor einem Jahr startete Renault F1 mit vier Siegen in die Saison. Dass die Franzosen in diesem Jahr nur drei der ersten vier Rennen gewinnen konnten, ist für Bob Bell, den Technischen Direktor der Equipe Jaune, kein Grund zur Besorgnis. Im Gegenteil: Wir befinden uns in einer wirklich starken Position, sagt er vor dem Großen Preis von Europa auf dem Nürburgring, und gemessen an unserem Rennspeed sind wir sogar besser als 2005.
Wenn Weltmeister Fernando Alonso mit dem Renault R26 auch noch das spannende Duell mit Michael Schumacher in Imola gewonnen hätte, wären die Erwartungen an Renault F1 vermutlich ins Grenzenlose gestiegen. So aber kann sich das Team beim Rennen auf dem Nürburgring ohne Rücksicht auf Serien und Rekorde ganz darauf konzentrieren, seine klare Führung in der Weltmeisterschaft weiter auszubauen. Eine erste Zwischenbilanz unterstreicht die Dominanz der Equipe Jaune: Von den 72 in der bisherigen Saison maximal erreichbaren Markenpunkten hat man 51 gewonnen – das sind stolze 71 Prozent – so Renault.
In Imola fühlte sich Fernando Alonso auch als Zweiter wie ein Gewinner. An diesem Nachmittag war der zweite Platz für mich ein perfektes Ergebnis, sagte der Weltmeister aus Spanien, der vor einem Jahr unter umgekehrten Vorzeichen Michael Schumacher hinter sich gelassen hatte. Auf einem normalen Kurs hätten wir gewinnen können, aber in Imola ist es beinahe unmöglich zu überholen. Ich war im zweiten Rennabschnitt viel schneller als Michael und habe versucht, ihn unter Druck zu setzen, aber er machte einfach keinen Fehler.
Dabei ging die Strategie, die Renault F1 für das Rennen ausgetüftelt hatte, zunächst ganz gut auf. Schon kurz nach dem Start machte Fernando Alonso trotz eines schwereren Autos einen Platz gut und ließ bei seinem späten ersten Boxenstopp nach 25 Runden zwei weitere Autos hinter sich. Doch von da an saß er hinter dem Spitzenreiter fest, und daran änderte auch der Schachzug der Renault F1-Box nichts, ihn früher als geplant zum zweiten Stopp hereinzuholen. Wir wollten ihm dadurch eine Runde sauberer Luft verschaffen, erklärte Chefingenieur Pat Symonds. Man wusste zwar, dass das ein riskanter Versuch war, doch in diesem Fall hatten wir nichts zu verlieren. Ausdrücklich lobte er die Leistung von Giancarlo Fisichella, der im zweiten Renault R26 trotz seines elften Startplatzes als Achter noch einen WM-Punkt holte.
Auch wenn die Erfolgsserie der Auftaktrennen in Imola gerissen ist, ist Renault F1 nach Ansicht von Bob Bell im Vergleich zur Konkurrenz besser in Form als im Vorjahr. Das sorgt für eine positive Stimmung im Team, zumal man mit seinen Weiterentwicklungen im Plan ist. Wir bringen zu jedem Rennen neue Teile mit, gehen also ganz normal vor, so der Technische Direktor. Unsere Leute in den Workshops in Enstone und Viry-Chatillon arbeiten unermüdlich, und wir steigern unser Level mit jedem Grand Prix. Darin werden wir nicht nachlassen.
Legt man die Testfahrten in Silverstone zu Grunde, die zur Vorbereitung auf den Großen Preis von Europa auf dem Programm standen, kann man dem Rennen auf dem Nürburgring in der Tat gelassen entgegensehen. Die Traditionsrennstrecke in England war fest in französischer Hand: Erst war Fernando Alonso der schnellste Fahrer, am Schlusstag sicherte sich Giancarlo Fisichella die Bestzeit. Die schnellen Rundenzeiten von Renault F1-Testfahrer Heikki Kovalainen verstärkten nur noch die Zuversicht der Equipe Jaune, zumal Silverstone als guter Gradmesser für die Gesamtleistung eines Autos gilt.
Trotz seines zweiten Platzes in Imola konnte Fernando Alonso seine Führung in der Weltmeisterschaft ausbauen. Mit 36 Punkten liegt der Titelverteidiger 15 Punkte vor Rekordweltmeister Michael Schumacher und 18 Punkte vor Kimi Räikkönen, seinem Erzrivalen aus dem Vorjahr. Giancarlo Fisichella, der Sieger von Malaysia, ist mit 21 Punkten Rückstand Vierter. In der Konstrukteursweltmeisterschaft hat Renault F1 51 Punkte auf dem Konto und führt damit klar vor McLaren-Mercedes (33) und Ferrari (30).
Das ist eine perfekte Ausgangsposition, sagt Fernando Alonso, der für den Nürburgring nicht zuletzt deshalb so zuversichtlich ist, weil er dort erstmals mit der weiterentwickelten B-Spezifikation des Renault RS26-Motors antreten wird. Ich bin sicher, dass wir dadurch erneut stärker sein werden.