Erste Erfahrungen: Porsche 911 Turbo

Beitragsbild
Foto 1
Foto 2
Foto 3
Foto 4

Er ist sparsamer geworden, doch das werden seine Fans nicht wirklich zu würdigen wissen. Dass er nie zuvor so komfortabel war, dürfte schon eher auf Interesse stoßen, genau so wie der Umstand, dass er natürlich wieder schneller wurde. Er beschleunigt wie ein Sportmotorrad und verwöhnt seine Insassen mit allem Luxus, der in ein Coupé hinein passt. Es geht, ganz klar, um den neuen Porsche Turbo. Die aufgeladene Variante des Elfers ist, wieder einmal, der schnellste, stärkste, teuerste und komfortabelste Elfer und alleine das wird für die Fortsetzung seines Markterfolges sorgen, wenn die neue Generation im Juni auf den Markt kommt.

Bislang konnte Porsche von allen fünf Turbo-Baureihen seit 1974 insgesamt rund 50.000 Einheiten verkaufen. Der Fortschritt innerhalb der zweiunddreißig Jahre lässt sich an der Leistungsstärke ablesen. Genügten dem Ur-Turbo noch 260 PS, um zum stärksten deutschen Sportwagen zu werden, überlässt der neue Turbo dieses Attribut trotz 353 kW/480 PS lässig der Konkurrenz. Es genügt, dass er mit Abstand sowohl auf der Autobahn wie auch auf der Rundstrecke der schnellste ist. Mit Porsche-Legende Walter Röhrl am Volant umrundet der Turbo die Nordschleife des Nürburgrings in 7:49 Minuten: Mit Volllederausstattung und Serienreifen. Die Leichtigkeit, mit der sich in diesem Auto die schiere Kraft in Vortrieb umwandeln lässt, ist beeindruckend. Nimmt man die Fünfgangautomatik, stürmt der Turbo bei durchgetretenem Gaspedal in nur 3,7 Sekunden auf 100 km/h. Mit manuellem Sechsganggetriebe vergehen 3,9 Sekunden, weil man einmal schalten muss, was eben einen zusätzlichen Wimpernschlag Zeit kostet. Erst bei 310 km/h setzen Luftwiderstand und Übersetzung weiterem Tempozuwachs ein Ende. Dabei bleibt der Wagen stabil in der Spur, reagiert feinnervig auf Lenkbewegungen und bremst, wenn es sein muss, so vehement, wie es sich für ein Top-Modell aus Zuffenhausen gehört. Schweißnasse Hände am Steuer eines Heckmotor-Sportwagens sind nicht nötig, im Gegenteil: Nie war es so mühelos so schnell zu sein. Lange Autobahnetappen werden zur schnellen Spaßfahrt an deren Ende man entspannt aus dem Wagen steigt. Einzig über die vielen Tempolimits und die anscheinend parkenden anderen Verkehrsteilnehmer kann man sich aufregen. Im Zweifelsfall vermittelt der Turbo aber die nötige Gelassenheit bei nächster Gelegenheit mit einem kurzen Zwischensprint wieder Raum zu gewinnen. Akustisch bleibt er gewohnt wohltönend und zurückhaltend – typisch Turbo eben.

In die Souveränität der Kraft haben die Porsche-Techniker viel Hirnschmalz investiert. Um spontaner auf Gasbefehle zu reagieren und das üppige Drehmoment von immerhin 640 Newtonmeter über ein möglichste breites Band zur Verfügung zu stellen, arbeitet der Turbo als erster Benziner mit variabler Ladegeometrie. Was bei den TDIs dieser Welt millionenfach bewährt ist, scheiterte bei den Ottomotoren bislang an den hohen Abgastemperaturen. Porsche hat nun durch die Verwendung neuer Materialien einen Weg gefunden, die Vorzüge dieser Technik auch für Hochleistungsbenziner mit zwei Turboladern nutzbar zu machen. Die Kraftübertragung erfolgt, wie schon bei den beiden Vorgängern, mittels Allradantrieb. Auch dieser ist neu und nun elektronisch gesteuert. Ein Powerdrift ist nicht mehr möglich, was bei der vorhandenen Leistung ganz klar der Sicherheit dient. Zum Trost erhalten Turbo-Fahrer eine Sporttaste, die im mittleren Drehzahlbereich eine Art Booster schaltet, um kurzfristig den Ladedruck der Turbos zu erhöhen. Der Durchschnittsverbrauch sank um 0,3 Liter auf nunmehr 12,8 Liter, was im Alltag sicher locker überboten wird, angesichts der gebotenen Rennwagenfahrleistungen und der geringen Verbreitung des Luxusprodukts aber in Ordnung geht. Die Spritkosten spielen bei einem Kaufpreis von 133.603 Euro so wenig eine Rolle wie die Aufpreise für mögliche Extras und Individualisierungen. Für seine Fans ist wichtig, dass der neue Turbo schlicht der beste Sportwagen der Welt ist, und dieses Attribut kann man ihm bis auf weiteres verleihen.

Text und Fotos: Günter Weigel

Scroll to Top