Kapitän, Admiral, Senator: Die Mächtigen und Erhabenen aus dem Hause Opel trugen auch Namen, die ihre Herkunft klassifizierten und eine gehobene Käuferschicht ansprachen. Mit dem Signum hat Opel oberhalb des Vectra eine Fahrzeug-Klasse geschaffen, die in deren Fußstapfen tritt. Wir fuhren den Sechszylinder mit 230 PS starkem Turbomotor, den derzeit schnellsten Serien-Opel aller Zeiten.
Der Signum ist eine komfortable Reiselimousine, die in die Richtung Chauffeur-Fahrzeuge tendiert, seine Herkunft zum etwas tiefer positionierten Vectra jedoch nicht verleugnen kann und will. Das Fahrverhalten des Signum erinnert deshalb auch etwas an den Vectra und vor allen Dingen an dessen größte Stärke: Der komfortable Wagen, den man aufgrund seiner Rücksitz-Konfiguration fast als 4+1-Sitzer bezeichnen kann, ist ein komfortabler Gleiter mit langen Federwegen. Wellige Fahrbahnunebenheiten schluckt die eher auf komfortable denn auf sportlich straff abgestimmte Federung willig, nur wenn es zu extrem engen Kurvenradien geht, zeigen sich die Fronttriebler-typischen Untersteuerungstendenzen.
Die Sechsgang-Automatik unseres Testwagens arbeitet seidenweich und kraftvoll, animiert zu schaltfauler Fahrweise. Wer es dennoch etwas arbeitsreicher hinter dem Volant liebt, für den steht eine zweite manuelle Schaltkulisse zur Verfügung, deren Resultat die Effizienz der Getriebe-Automatik jedoch nicht erreicht.
Der aufgeladene Sechszylinder mit seinen fast drei Liter Hubraum hat allerdings seinen Preis an der Tankstelle. In Schnitt kamen wir nicht auf einen Wert unter 13 Liter Super auf 100 Kilometer. Dafür schnurrt der Maxi-Opel aber auch klag- und geräuschlos auf eine Spitzengeschwindigkeit von 243 km/h und dürfte auf der Autobahn zu leichter Ernüchterung bei Zeitgenossen führen, die anderweitige Produkte in diesem Segment bevorzugen.
In sein Topmodell hat Rüsselsheim alles reingepackt, was derzeit an technischen Sicherheits- und Komfort-Inhalten im Hause machbar ist. Unsere Ausstattungsversion Cosmo enthält unter anderem Front- und Seitenairbags für Fahrer und Beifahrer, Kopfairbags vorn und hinten außen, ein Antiblockiersystem mit Kurvenbremskontrolle, elektronische Bremskraftverteilung, elektronisches Stabilitätsprogramm und im Sechszylinder-Turbo zusätzlich eine elektronische Dämpferreglung und eine Vernetzung aller fahrdynamischen Systeme.
Automatische Klimaanlage mit Zweizonen-Einstellung, Bordcomputer, ein so genanntes Infotainment-Paket und das (optional im Paket erhältliche) Bi-Xenon-Kurvenlicht lassen kaum noch Wünsche offen. Warum dann aber noch eine Fußraum-Matte mit 50 Euro unter Sonderausstattung verfällt, ist für uns nicht ganz nachvollziehbar.
Der 230 PS starke Sechszylinder, der Euro IV erfüllt, ist dem Fahrzeug auf den Leib geschnitten, Turbolöcher früherer Lader-Generationen sind längst ad acta gelegt, und auch das Drehmoment von 330 Newtonmeter ist ausgelegt auf ein Oberklasse-Modell, das knapp über zwei Tonnen zulässiges Gesamtgewicht an den Tag legt.
Die Platzverhältnisse, sowohl was Knie- und Kopffreiheit für Passagiere, als auch die individuelle Gestaltung der Transport-Möglichkeiten (bis zu 1.410 Liter Laderauminhalt) angeht, übertreffen das Vectra-Angebot bei weitem, können sich mit den Dimensionen eines Audi A8 messen lassen.
Die Armaturen sind klar gegliedert, einfach bedienbar, einzig und allein die sehr nüchterne Haptik des Fahrzeugs, das knapp 35.000 Euro kostet, empfanden wir als störend. Etwas mehr an edlerer Anmutung trotz Ledersitzen hätte dem Interieur gut getan. Bleibt die Frage: Will Opel die angestammten Pfade der Firmen-Philosophie nicht verlassen? Ist immer noch eine natürliche Scheu davor vorhanden, in direkten Wettbewerb mit der Konkurrenz aus Stuttgart, München oder Ingolstadt zu treten, die Alltagstauglichkeit deren Spitzenprodukte jedoch nicht zu verfehlen? Ein Spagat, der nicht ganz ungefährlich ist, was das angestrebte Verkaufsergebnis angeht.
In der Ausstattung Cosmo kostet der Opel Signum mit der 2,8 Liter großen V6-Turbomaschine 34.745 Euro, der Einstieg in die Signum-Welt, die laut Opel eine neue Fahrzeugklasse definiert, beginnt beim 122 PS starken 1,8 Benziner mit 23.680 Euro.
Text: Jürgen C. Braun