Steuererhöhung für Wohnmobile: Viel Lärm um Nichts?
Oder: Protest hilft doch

Oder: Protest hilft doch“ class=“newsarchiv-beitragsbild“ />

Die heile Urlaubs-Welt der Wohnmobilbesitzer ist zurzeit ordentlich durcheinander geraten. Statt Vorfreude auf die kommende Reise- und Urlaubssaison gilt es erstmals zu klären, was der Steuerbescheid Anfang Mai bringen wird. Denn den Anhängern der automobilen Freizeitgestaltung auf vier Rädern steht erhebliches Ungemach ins Haus. Grund dafür ist die geplante Änderung der Kfz-Steuer für Wohnmobile, die schon im Vorfeld für großen Wirbel gesorgt hat, da sie für viele Wohnmobile eine Erhöhung bis zu 500 Prozent bedeuten würde.

Was ist passiert? Am 24. September 2004 hat der Bundesrat die 27. Verordnung zur Änderung der StVZO verabschiedet. Sinn der Änderung war hauptsächlich die Steuervergünstigungen für Besitzer von schweren dieselbetriebenen Geländewagen abzuschaffen. Denn SUVs, die schwerer als 2,8 Tonnen sind, konnten bislang völlig legal als Kombinationsfahrzeuge zugelassen werden und damit der ungünstigeren emissionsabhängigen Pkw-Besteuerung entgehen. Leichtere SUVs wurden oft aufgelastet, um als Lkw zugelassen zu werden. Mit diesem Trick war es möglich, bis zu 80 Prozent der sonst fälligen Kraftfahrzeugsteuer zu sparen. In Zeiten klammer Kassen erwarten die Kommunen nun mit der neuen Gesetzesgrundlage aber Mehreinnahmen in Höhe von 200 Millionen Euro pro Jahr. In den vergangenen Jahren hatte der Absatz solcher Autos auch aufgrund dieser steuerlichen Privilegierung deutlich zugenommen. Allerdings betrifft diese Änderung nicht nur die großen SUVs, auch Wohnmobile fallen unter diese Vorschrift. Diese sollen zukünftig ohne Gewichtsobergrenze nach Emissionen besteuert werden. Das würde zum Beispiel für ein Wohnmobil auf Basis eines Fiat Ducato mit einem 2,8-Liter-Motor Folgendes bedeuten: Bisher kostete dieses Fahrzeug bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen 210 Euro im Jahr. Mit der neuen Besteuerungsgrundlage nach Hubraum und Schadstoffausstoß wären jetzt aber – vorausgesetzt das Fahrzeug erfüllt die Abgasnorn Euro II – 449 Euro pro Jahr fällig, mehr als doppelt soviel wie bisher. Noch härter trifft es die rund 200.000 Besitzer älterer Reisemobile ohne Abgasregelung. Sie müssen für ihr Fahrzeug mit 2,8-Liter-Motor sogar 1.052 Euro zahlen, das bedeutet einen Anstieg um 500 Prozent.

Laut dem Caravaning Industrie Verband (CIVD) wird die durchschnittliche Steuerverteuerung für Reisemobile ohne Abgasregelung bei rund 300 Prozent liegen. Im Extremfall kann die Steuererhöhung sogar wesentlich höher ausfallen, weil es bei der Pkw-Steuer im Unterschied zur Lkw-Steuer keine Deckelung nach oben gibt. So können für ein großes Reisemobil auf Omnibus-Fahrgestell ab 1. Mai 2005 über 4.500 Euro Kfz-Steuer pro Jahr fällig werden. Zum Vergleich: Für einen 40-Tonner-Lkw werden maximal 1.789 Euro erhoben.

Anfang März 2005 berieten die Bundesländer über eine Ausnahmeregelung für die überwiegend auf Leicht-Lkw-Fahrgestellen aufgebauten Wohnmobile. Eigentlich schienen sich die Bundesländer einig, diese Fahrzeuge aus der geplanten Steueränderung herauszunehmen. Doch dann blockierte Bayern eine Einigung. Den mehr als 370.000 Besitzern von Wohnmobilen drohte nun fast unausweichlich eine saftige Erhöhung des Kfz-Steuer ins Haus zu stehen.

Ein Sturm an Entrüstung brach los. Caravanverbände, die Wohnmobilindustrie, Zeitschriften und Wohnmobilbesitzer gingen an die Öffentlichkeit. Politiker wurden angeschrieben, um gegen die Erhöhung zu protestieren. Horrorszenarien wurden beschrieben, der Verlust von Arbeitsplätzen bei den rund 70 deutschen mittelständisch geprägten Wohnmobilbauern wurde vorhergesagt, die massenhafte Stilllegung von Wohnmobilen in Aussicht gestellt.
Auch die Tourismusverbände der Bundesländer allen voran Bayern (!) legten sich ins Zeug für die Beibehaltung der alten Regeln. Denn Wohnmobiltouristen sind gern gesehene und meist ausgabewillige Gäste. Rund eine Milliarde Euro geben sie jährlich auf ihren Touren in Deutschland aus.

Da zurzeit auch in Nordrhein-Westfalen Wahlkampf stattfindet, fand das Thema schnell Gehör auf dortiger Landesebene. Der zuständige Finanzminister Jochen Dieckmann (SPD) hatte die reisefreudigen Wähler im Visier, machte sich für die Beibehaltung der alten Regelung stark und hat einen neuen Gesetzesentwurf für die Bundesratsitzung am 29. April eingebracht. Tenor, es soll alles beim Alten bleiben. Nur die CDU/CSU-Fraktion hält sich noch zurück. Hier gehen die Tendenzen weg von der bisherigen Besteuerungspraxis, allerdings soll die neue Regelung zu einer angemessenen Besteuerung führen, die die Wohnmobile nicht unverhältnismäßig belastet. Allerdings ist hier noch nicht geklärt, was angemessen sein soll. Außerdem treffen sich Ende Mai die Abteilungsleiter der Obersten Finanzbehörden um in einer gemeinsamen Sitzung über die zukünftige Besteuerung zu beraten. Bleibt also abzuwarten, wie es weitergeht. Bis zu einer endgültigen Entscheidung haben die Steuerbescheide, die am 1. Mai verschickt werden, nur vorläufige Gültigkeit.

Text: Elfriede Munsch

Scroll to Top