Buchtipp – Gerritsen: Blutzeuge

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Als ich sieben Jahre alt war, lernte ich, wie wichtig es ist, bei Beerdigungen zu weinen. Der Mann, der an jenem Sommertag im Sarg lag, war mein Großonkel Orson, der sich vor allem durch seine stinkigen Zigarren, seinen üblen Mundgeruch und sein ungeniertes Furzen unvergesslich gemacht hatte. Zu Lebzeiten hatte er mich mehr oder weniger ignoriert, so wie ich ihn, weshalb ich auch über seinen Tod keineswegs untröstlich war. Ich sah nicht ein, warum ich zu seiner Beerdigung gehen sollte, aber das gehört nun einmal nicht zu den Dingen, die eine Siebenjährige selbst entscheiden darf.

Wenn der Titel auf einen Thriller schließen lässt und schon die ersten Sätze von staubtrockenem Humor und ebensolchem Realismus zeugen, dann ist man ziemlich sicher bei Tess Gerritsen gelandet. Blutzeuge reiht sich in die Bestseller der renommierten Autorin nahtlos ein.

Erneut schont sie ihre Leser nicht – wer nach sehr drastischen Schilderungen, auch wenn sie nur erfunden sind, nicht gut schläft, sollte sich die Lektüre überlegen. Wer aber genau dieses Genre und Gerritsens im Medizinischen sehr wirklichkeitsnahen Darstellungen schätzt, wird auch Blutzeuge mit persönlichem Gewinn lesen.

So viel sei noch verraten: Die Spuren der offenbar zusammenhängenden Morde, die die Ermittlerin erst sehr mühsam zusammensetzen muss, führen zu einem Thema, das derzeit immer wieder heftig diskutiert wird. Und manchem, der davon liest, vom Glauben abfallen lässt.

Tess Gerritsen: Blutzeuge. Limes Verlag; 19,99 Euro.

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