Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Wenn Menschen, für die ein Automobil weit mehr als nur eine Mobilitätslösung ist, um von Punkt A nach Punkt B zu kommen, von den Besonderheiten eines extravaganten Fahrzeugs schwärmen, dann geht es oft um den sogenannten „kernigen“ Sound. Das, woran sich weniger mit „Benzin infizierte Menschen“ in solchen Momenten stören, nämlich eine unüberhörbare Dezibel-Party aus den Endtöpfen, ist für unsereinen das Crescendo einer klangvollen Sinfonie. Das infernalische Kreischen eines F1-Triebwerks mit 19.000 Umdrehungen kann da genauso verzücken wie das dumpfe Brabbeln eines V8-Big Blocks in einem mächtigen US Muscle car.

Wie also mag man sich da in einem Automobil fühlen, das weder Pedale noch Lenkrad hat, und schon gar nicht irgendeinen Laut von sich gibt. Das aber dennoch ein Ziel hat und auch dorthin fährt. Ganz eigenständig und ohne Zutun des einzigen Insassen, den man in diesem Fall wohl mit Fug und Recht nicht mehr als den Fahrer bezeichnen kann. Ja, so etwas gibt es. Im Moment zwar noch als Prototypen. Aber alles große (automobile) Leben ist einmal im Kleinen entstanden. Und so darf man denn auch gespannt sein, was aus dem ersten autonom fahrenden Taxi in einer der großen Mega-Cities dieser Welt, nämlich der japanischen Hauptstadt Tokio, einmal werden wird.

Dort wird derzeit ein entsprechender Smart fortwo im Selbstversuch getestet. Mit wechselnden Testimonials, die anschließend ihr Urteil abgeben und mögliche Zukunfts-Szenarien durchspielen sollen. Was zunächst etwas verwundert, ist die Tatsache, dass es sich bei diesem „Futuro-Mobil“ nicht um ein Produkt aus dem Silicon Valley, um keine Ausgeburt von Google oder Apple, sondern um die Nachbildung eines Daimlers handelt. Eines schwäbischen Kleinstfahrzeuges also.Unter einer Kohlefaser-Karosserie arbeitet eine ausgeklügelte spezielle Informationstechnik, deren Bestandteile Radar und kameragestützter Sensorik sind. Auf einer ausgewählten kartographierten Route, so beschreibt es derzeit ein Kollege in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), gehe es unter ganz engen Vorgaben auf der eingespeicherten Route dahin. Immerhin: alles noch sehr vage und nur en detail gelöst. Aber der Versuch zeigt: Es ist machbar.

Irgendwann, in vielen Generationen nach uns, wird die These, dass der Mensch bei seiner automobilen Selbstbestimmung noch persönlich Hand anlegen musste, wie ein unbegreifliches Relikt aus der Urzeit des Automobils anmuten, als man noch mit fossilen Brennstoffen unterwegs war.

Macht mich diese Vorstellung an? Ich weiß es nicht. Wirklich vorstellen kann ich es mir nicht. Und das nicht nur, weil mir alles an Arbeit, an Entscheidung und damit auch an Selbstbestimmung abgenommen wird. Sondern auch, weil man mir auch ein Stück weg die Freude daran nimmt. Dann doch die lieber die Nordschleife und ein paar Zündaussetzer oder einen Kolbenfresser. Dann höre ich wenigstens, woran es liegt.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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