„60 Jahre und kein bisschen weise …“ sang Curd Jürgens dereinst mit rauchiger Stimme in einem ersten Review auf sein damals sechs Jahrzehnte währendes Leben. Zudem behauptete er auch noch, er habe „manchen Kratzer abgekriegt“. Alles Attribute, die auch auf Italiens wohl liebstes „Kind“ aus der Automobil-Industrie zutreffen, den „Cinquecento“, den Fiat 500. Der nämlich feiert in diesem Jahr ebenfalls sein 60. Wiegenfest, hat manche Kratzer abgekriegt (was bei so viele Exemplaren kein Wunder ist), aber eine weise Entscheidung, dieses Auto zu bauen, war es dennoch allemal gewesen. Der Kleine hat immerhin Millionen von italienischen Vätern, Müttern und Kindern in die persönliche Mobilität geführt.
In Deutschland hat er ebenfalls im Laufe der Jahre und Jahrzehnte einen großen Freundeskreis gefunden. Und viele Ableger aus der eigenen Familie sind in den vergangenen Jahren hinzugekommen. So wie der 500L, den der italienische Autobauer jetzt neu aufgelegt hat.
Viele Cinquecento – auf Wunsch auch offen, wenn man das markante Faltdach per Handgriff aufzieht – bevölkern auch heute noch als immer wieder bestaunte und geliebte Oldtimer unsere Straßen. Denn Nostalgie ist Trumpf und der kleine Italiener ist auch so etwas wie eine Zeitreise in das Wirtschafts-Wunderland, in das einst die ersten Gastarbeiter aus dem Süden kamen. Der 500 erinnert uns an Menschen, die uns nicht nur ein bis dato unbekanntes Auto, sondern auch Gelati, Cappuccino, Pasta und Pizza brachten und unseren Lebensalltag mit diesen damals noch exotischen Köstlichkeiten bereicherten.
Der Kleine aus Turin stand und steht auch heute noch für den wahr gewordenen Traum vom Dolce Vita, von südländischer Lebensart, von Sonne, Urlaub, Freizeit. Er bediente das immer wieder gern aus der Schublade hervor gekramte Kindchen-Schema. Am 4. Juli 1957 feierte er in Turin seine Weltpremiere. Der „große Kleinwagen“ bot auf einer Länge von weniger als drei Metern innovative Ausstattungsdetails, die ab sofort einem breiten Publikum zugänglich waren. Aber der Fiat 500 war mehr als nur eine „süße Knutschkugel“, als den ihn vor allem die Frauenwelt herzte und liebte. Er war einmal die italienische Antwort auf den VW Käfer oder auf den „deux cheveaux“, auf die französische Ente.
Rechtzeitig zum 60. Geburtstag des Cinquecento haben die Italiener nun eines der Derivate, nämlich den 500L neu aufgelegt. Der „L“ ist „die Familienkutsche“ der Baureihe und zudem noch die erfolgreichste Version von insgesamt acht verschiedenen 500er Reihen. Vierzig Prozent aller Bauteile im Vergleich zum vor fünf Jahren eingeführten Vorgänger wurden jetzt ausgetauscht. Der 500L Urban und der 500L Wagon haben die Frontpartie des 500ers übernommen, während sich der Cross (Unterbodenschutz, 25 Millimeter höher gelegt) als Nachfolger des Trekking mehr am 500X orientiert.
Der Innenraum mit neuen Instrumenten und einem sieben Zoll großen Bildschirm wirkt größer und haptisch angenehmer. Über Apple Carplay und Android Auto kann man das Smartphone mit dem Fahrzeug verbinden. Trotz einer Außenlänge von nur 4,24 Metern ist der Innenraum geräumig, weist zudem ein Kofferraum-Volumen von 455 bis 1480 Liter auf. Noch mehr Raum bietet der 500L in der Version „Wagon“ mit einer Außenlänge von 4,38 Metern als Siebensitzer mit noch mehr Kofferraum-Volumen (in der fünfsitzigen Variante).
Für den Antrieb stehen die bekannten Euro-6-Motoren (Benziner und Turbodiesel von 95 bis 120 PS) zur Verfügung. Die Preisliste beginnt bei 13.990 Euro.
Text: Jürgen C. Braun
Fotos: Braun, Fiat