Die „Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg“, besser bekannt unter ihrem Kürzel MAN, ist bekannt für ihre großen Brummis und Busse. Dicke Dinger weit jenseits der 7,5-Tonnen-Klasse, die selbst die Besitzer eines vor 1999 erworbenen Pkw-Führerscheins nicht bewegen dürfen. Doch das ändert sich jetzt. Das mittlerweile in München beheimatete Unternehmen wagt sich auf neues Terrain, hat eine eigene Van-Sparte eröffnet und bringt im Juni mit dem TGE einen Transporter auf den Markt, der sich bei den leichten Nutzfahrzeugen unter 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht tummelt. Die Preise des neuen TGE-Kastenwagens beginnen bei 28.730 Euro netto mit dem 75 kW/102 PS starken Diesel-Einstiegsmotor. Damit ist der TGE knapp 1.000 Euro günstiger als der baugleiche VW Crafter.
Diese Strategie folgt einer Logik, die der VW-Konzern für seine Pkw-Marken im Lauf der Jahre perfektioniert hat. Was mit anders verpackter VW-Technik bei Audi, Seat und Škoda erfolgreich praktiziert wird, sollte auch bei den Kleinlastern funktionieren. Und so bedient sich die VW-Tochter MAN bei der Nutzfahrzeug-Abteilung der Konzernmutter und erweitert ihr Angebotsspektrum um einen Zwillingsbruder des VW Crafter.
Damit trägt der neue Ableger aus München trägt zum einen zur Vollauslastung des neuen Werks im polnischen Wrzesnia bei, denn von der angepeilten Jahresproduktion von insgesamt 100.000 Einheiten sollen etwa 20.000 mit einem MAN-Label die Hallen verlassen. Zum anderen mehrt es bei der Lkw-Marke Absatz und Umsatz. Da alle anderen Anbieter im Transporter- und Van-Segment aus dem Pkw-Bereich kommen, glauben die MAN-Verantwortlichen gerade bei den Gewerbekunden mit ihrer Lkw-Erfahrung punkten zu können.
Technisch sind TGE und VW Crafter nahezu identisch, und es deckt sich auch weitgehend die variantenreiche Vielfalt des Modellangebots. So steht der TGE als geschlossener Kastenwagen, als verglaster Kombi und als Fahrgestell mit Einzel- und Doppelkabine zur Verfügung. Es gibt zwei Radstände, drei Dachhöhen und drei Fahrzeuglängen von 5,98 Meter bis 7,39 Meter. Mit Front-, Heck- oder Allradantrieb ist jede Art von Antrieb wählbar. Die Motorenpalette umfasst vier 2,0-Liter-Turbodiesel mit 75 kW/102 PS, 90 kW/122 PS, 103 kW/140 PS und 130 kW/177 PS, wobei für die beiden stärkeren Ausführungen als Alternative zum manuellen Sechsgang-Getriebe auch eine Achtgang-Automatik geordert werden kann. Das Ladevolumen beträgt im besten Fall 18,3 Kubikmeter oder sechs Euro-Paletten. Das Fahrzeug kann aber auch auf 5,5 Tonnen aufgelastet werden. Bei Bedarf zieht der TGE auch bis zu drei Tonnen Anhängelast.
Die Wahlmöglichkeiten für den Aufbau von der Pritsche bis zum Kühlkoffer sieht man bei MAN sogar als noch umfangreicher an. Nicht zuletzt bedeutet die Vielzahl an Assistenzsystemen vom Notbremsassistent mit Fußgängererkennung über den adaptiven Tempomaten, mitlenkenden Spurhalter, Seitenwind-Assistenten, die serienmäßige Müdigkeitserkennung und die Multikollisonsbremse bis hin zum elektronischen Helferlein beim Rangieren des Anhängers ein Alleinstellungsmerkmal des Duos Crafter/TGE.
Die Assistentenvielfalt trägt im Umgang mit dem MAN-Van zu einem Pkw-Gefühl bei, das durch das Cockpit-Layout, die Materialauswahl im Fahrerhaus und das geringe Geräuschniveau im Fahrbetrieb noch verstärkt wird. Kein Riesenlenkrad, an dem man kurbeln müsste. Die Leichtigkeit, mit der ein TGE bewegt und rangiert werden kann, lässt die Unförmigkeit der Karosserie vergessen.
Vor allem in der Gewichtsklasse unter 3,5 Tonnen wird der MAN TGE auch als mögliche Basis für Reisemobile interessant. MAN sieht den TGE keineswegs nur als Basis für das boomende Segment der Kastenwagen, sondern hält teil- und vollintegrierten Fahrzeuge auf MAN-Basis durchaus für denkbar.
Text: Michael Lennartz/SP-X
Fotos: MAN/SP-X