BMW im Glück, befand die Fachwelt anlässlich der Feiern zum 50. Unternehmensjubiläum im Jahr 1966. Tatsächlich schien den Bayern seit einigen Jahren alles zu gelingen, vermieden sie es doch geschickt, mit ihren dynamischen Modellen direkt gegen die Giganten der Autobranche anzutreten. So füllten die ab 1961 eingeführten viertürigen Limousinen der sogenannten Neuen Klasse (anfangs als BMW 1500 bis 1800) eine Marktlücke, die mit dem Untergang des Borgward-Konzerns und der sportiven Isabella entstanden war. Eine andere Nische öffnete 1966 die zweitürige Sport-Limousine BMW 1600-2 als früher Vorbote des GTI-Segments. Umso mehr überraschte der ebenfalls 1966 enthüllte Spitzentyp der Neuen Klasse, der BMW 2000. Mit diesem großen Vierzylinder maßen sich die Münchner doch wieder direkt mit Mercedes und der etablierten Sechszylinder-Mittelklasse.
Dazu setzte der BMW 2000 auf muskulöse 74 kW/100 PS bis 96 kW/130 PS aus neu entwickeltem 2,0-Liter-Motor, markante Breitbandstrahler und Motorsportambitionen. Ein kraftvoller Cocktail, mit dem der schnelle Vierzylinder in Vergleichstests starke Sechszylinder auf die Plätze verwies. In den USA begeisterten die BMW so sehr, dass amerikanische Medien die „Bavarian Motor Works“ zu den fünf besten Marken der Welt wählten. Flankiert von den eleganten Hardtop-Coupés 2000 C/CS verschafften die neuen Limousinen BMW aber auch in Deutschland Aufwind für mehr Markenprestige. Vorbei die Volksmeinung: „Wer von Mercedes zu einer anderen Marke wechselt, steigt ab. Nun galt: „Wer von Mercedes zu BMW geht, steigt um.
Schließlich bekannten sich sogar Sportgrößen, TV-Helden und politische Prominenz zu den bajuwarischen Aufsteigermodellen der 2,0-Liter-Klasse, die zuerst in formvollendeter Coupé-Karosserie vorfuhren. Mit diesen aus Kapazitätsgründen beim Karossier Karmann gebauten Zweitürern im Hardtopkonzept kehrte BMW ab 1965 zurück ins Segment der automobilen High Society, dort wo bis dahin Sechs- und Achtzylinder dominierten. Der exorbitant hohe Preis von 17.000 Mark – dafür gab es schon V8 wie das zeitgleich vorgestellte Glas 2600 V8 Coupé – steigerte lediglich die Exklusivität der mondän gezeichneten BMW 2000 C (74 kW/100 PS, optional mit neuartiger ZF-Dreigangautomatik) bzw. 2000 CS (88 kW/120 PS).
Deutlich günstiger waren die 1966 eingeführten viertürigen BMW 2000, deren Preisliste bei rund 11.500 Mark startete. Dennoch lag auch diese Notierung klar über den Kosten vergleichbarer Vierzylinder wie dem Mercedes 200, sondern bereits auf dem Niveau des repräsentativen Opel Kapitän. Für Freunde schneller Kurven schienen die hohen Anschaffungskosten der 2,0-Liter-Modellen mit der Niere im Grill jedoch kein Problem. Ganz so, wie es der legendäre BMW-Vertriebsspezialist Paul G. Hahnemann vorausgesehen hatte: Erfolgsmenschen, die bereits etwas erreicht hatten im Leben und nichts mehr beweisen mussten, sollten die Münchner Marke in der automobilen Schickeria etablieren.
So vertraute der deutsche Fußball-Nationalspieler Berti Vogts ebenso auf die durchsetzungsfähigen Vierzylinder der Zwei-Liter-Klasse wie der damalige TV-Kult-Ermittler Keller in „Der Kommissar“. Und der brasilianische Fußball-Superstar Pelé lobte den BMW CS werbewirksam als „schnellen Stürmer unter den Automobilen“. Auch internationale Filmstars wie Peter Ustinov und Joachim Fuchsberger zählten zu den Fans der 4,50 Meter kurzen und 1.150 Kilogramm leichten Limousinen. Nicht einmal Bundeskanzler Ludwig Erhard ließ es sich nehmen, BMW beim Messerundgang auf der IAA zu bewundern – hatte der aufstrebende Autobauer doch noch Ende der 1950er Jahre vor dem finanziellen Abgrund gestanden.
Davon war 1966 nichts mehr zu merken. Im Gegenteil, BMW besiegelte gerade die Übernahme des niederbayerischen Konkurrenten Glas, inklusive dessen sportiver 1700-Limousine, die kurzzeitig zu den Haupt-Konkurrenten der Neuen-Klasse-Typen zählte. Derweil forderte das frisch lancierte Topmodell, der BMW 2000, das europäische Establishment zum Leistungsmessen auf der linken Spur damals bereits völlig überlasteter und staugeplagter Autobahnen, aber auch auf Rennstrecken. Dies mit einem Motor, der aus dem bisherigen 1800er hervorging und dank fünffach gelagerter Kugelwelle mit acht Gegengewichten über eine viel gelobte Laufkultur verfügte.
Optisch war der mindestens 74 kW/100 PS leistende und fast 170 km/h flotte BMW 2000 an Rechteck- statt Rundscheinwerfern zu erkennen, an einer auffällig um die Motorhaube laufenden Chromleiste und von hinten gleichfalls an großflächigen, rechteckigen Leuchten. Ganz anders jedoch der 2000 TImit 20 Extra-Pferdestärken aus zwei Doppelvergasern – der sich in der Optik des Rundscheinwerfertyps 1800 TI tarnte. Wer nun glaubt, mehr Understatement ging nicht, der sollte sich die Wettbewerbsversion des 2000 TI ansehen. Hochgerüstet auf 136 kW/185 PS und abgespeckt auf 1.060 Kampfgewicht flog diese über 200 km/h schnelle Limousine der Ziellinie entgegen – ebenfalls im Dress des 1800 TI.
Eine Optik, die Rennfahrergrößen wie Jacky Ickx, Hubert Hahne oder Joseph Schnitzer zwar akzeptierten, nicht aber Privatkäufer, die auf Straßen Überholprestige begehrten. Für diese gab es deshalb den 88 kW/120 PS freisetzenden 2000 TI bald auch in der Ausstattung 2000 tilux („Touring International Luxus“) mit der Optik des 2000-Basismodells. Ein Typenwirrwarr, den schon damals kaum noch jemand entwirren konnte. Weshalb BMW 1968 aufräumte. Kurz bevor die neuen Sechszylinder-Flaggschiffe BMW 2500 und 2800 in den Schauräumen eintrafen, wurde die Optik der 2,0-Liter-Vierzylinder vereinheitlicht. Hinzu kam, dass der 1968 eingeführte erste Audi 100, die ebenfalls neuen Mercedes Strichacht-Modelle, die frischen Volvo-Sechszylinder und der NSU Ro 80 den Wettbewerb verschärften.
Trotzdem bewiesen BMW-Fahrer bei Neukäufen überdurchschnittliche Markentreue, zumal der BMW 2000 in Zuverlässigkeitsstatistiken sogar besser abschnitt als vergleichbare Opel, die vom Nimbus „Opel, der Zuverlässige“ zehrten. Während sich für die 2000 C/CS Coupés durch den BMW 2800 CS schon zum Modelljahr 1969 ein Nachfolger ankündigte, spendierte BMW seinen Limousinen eine letzte große Auffrischung. Dazu zählte beim Basis-Bayern BMW 1800 eine modifizierte Frontgestaltung mit anderem Grill, ehe dieser Viertürer ab 1971 dem 2000 endgültig zum Verwechseln ähnlich sah. Aber nur äußerlich, denn unter der Haube legte der BMW 2000 nochmals leistungsmäßig zu. Ab 1969 markierte der 96 kW/130 PS bereithaltende 2000 tii die neue Leistungskrone der Straßen-Limousinen, wobei das zweite „i“ für Injection, also Benzineinspritzung stand.
Im Jahr der Olympischen Spiele in München und passend zur Einweihung des BMW-Verwaltungsgebäudes im Stil eines Vierzylinders gab die Neue Klasse 1972 nach insgesamt über 350.000 Einheiten still und leise ihren Abschied. Um so lautstarker begrüßt, wurden die erste 5er-Reihe, für die der BMW 2000 den Boden bereitet hatte.
Text: Wolfram Nickel/SP-X
Fotos: BMW/SP-X