Es muss wahre Liebe sein, wenn man nach vielen Stationen an einem bestimmten Ort heimisch wird – statt festzustellen, dass man über die Jahre doch überall und nirgends zu Hause zu sein scheint. Stephan Mitsch jedenfalls nennt Barcelona sein Zuhause, und er setzt die Stadt sogar mit einem Paradies gleich, wörtlich. Dass er dieser Liebe mit einer Rezeptsammlung ein Zeugnis setzt, wundert nicht. Wohl aber die Tatsache, dass sehr viele Rezepte in dieser einen Stadt ihr Zuhause haben. So wie der Autor – sollte da nicht besser gleich ein Land porträtiert werden?
Muss nicht. Der Autor stellt Speisen aller Kategorien und Schwierigkeitsgrade vor. Mit dem überbackenen Brot mit Tomaten etwa kann jeder Student Gäste beeindrucken, selbst wenn er am Herd bisher nicht über Spiegeleier hinaus kam. Der Wolfsbarsch aus dem Ofen hingegen ist sicher nichts für Anfänger, noch nicht mal für Gelegenheitsköche. Hier braucht's schon Erfahrung und viel Liebe, damit aus dem zarten Eiweiß des Fisches kein kaugummiähnlicher Brocken wird. Sogar selbst gemachter Frischkäse gehört zur Barcelona-Tradition – und das im Sinne eines Desserts. Und schließlich finden auch Rezepte ihren Platz, die manchen nicht nur in der Zubereitung, sondern beim Verzehr zu lange dauern. Dem Autor und seinem Fotografen glaubt man allerdings beim Lesen und Angucken, dass es sich lohnen kann, von den gebackenen Artischocken Blatt für Blatt in die nach Rezept zu bereitende Sauce zu dippen.
Was muss man mitbringen, um dieses Buch zu mögen? Ein Verhältnis zum Essen, das die Nahrungsaufnahme nicht nur als Notwendigkeit definiert. Ansonsten Freude an Gewürzen und generell mutigen Kreationen. Sonst – nichts. Denn die unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade sprechen garantiert jede(n) an.
Stephan Mitsch/Arnold Pöschl (Fotos): Barcelona. Die Kultrezepte. Christian Verlag; 29,99 Euro