Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Mit dem technischen Fortschritt ist das so eine Sache. Nicht erst heute, nicht erst seit Jahren, nicht erst seit Jahrzehnten. Immer dann, wenn im Lauf der Menschheits-Geschichte neue Dinge angedacht, ausprobiert, verworfen oder auch für gut befunden wurden, dann begegnete man den forschen und forschenden Geistern entweder mit Misstrauen oder mit bewundernder Zustimmung. Das war wahrscheinlich von der Erfindung des Rades vor Abertausenden von Jahren bis zum digitalen Zeitalter zu Beginn des dritten Jahrtausends unserer Zeitrechnung immer so.

Aus diesem Grunde ist es auch kein Wunder, dass bei dem Stichwort „Autonomes Fahren“ die Meinungen innerhalb unserer Autofahrer-Gesellschaft gespalten sind. Was die Einen als bereits halbwegs ausgewogen befinden und als den einzigen Weg zukünftiger Mobilität erachten, sehen Andere noch als Hirngespinst und in weiter Ferne.

Vor diesem Hintergrund ist der tödliche Ausgang eines Unfalls mit dem Autopilot-System des US-Herstellers Tesla derzeit ein brandaktuelles Thema. Warner werden sagen, dass das alles noch viel zu früh und zu gefährlich sei. Deren Gegner werden zu bedenken geben, dass dieser Unfall der Erste seiner Art überhaupt war und die Umstände zudem noch nicht restlos aufgeklärt seien.

Wie dem auch sei: Das Thema „Autonomes Fahren“ ist längst nicht mehr auf zu halten. Und im Sinne der Forschung, der Entwicklung weiterer Mobilitäts-Modelle für die uns nachfolgenden Generationen ist das auch gut so. Zu Beginn dieser Woche war ich auf einer Veranstaltung des schwedischen Autoherstellers Volvo, der in seiner neuen Premium-Limousine S90 den halbautonomen Fahrassistenten „Pilot Assist II“ anbietet. Das System lenkt mit, hält den Kurs, ohne dabei auf vorausfahrende Fahrzeuge angewiesen zu sein. Das Alles funktioniere, so Volvo, bis Tempo 130 tadellos.

Dennoch, und auch das betonen Sprecher des schwedischen Premium-Herstellers, sei das kein Freibrief, um auf der Autobahn im Reisemodus entspannt Zeitung zu lesen oder Mails zu checken. Erstens sei derlei Verhalten nicht der Entwicklungs-Ansatz von Volvo, und zweitens gehörten die Hände eben (noch) ans Lenkrad. Auch und gerade deshalb, weil die Sensorik beim geringsten Bewegungsimpuls von Seiten des Fahrers diesen wieder als den eigentlichen „Wagenlenker“ ins Spiel bringe.

Diese Politik der nur scheinbar kleinen, aber stetigen Politik auf dem spannenden Weg hin zum „eigenständigen Auto“ ist ein ungeheuer aufregender Prozess. Fahrzeuge, die mit der restlichen mobilen Welt vernetzt sind, mit ihr kommunizieren und deren Programme in der Lage sind, selbstständige Entscheidungen zu treffen, die auf scheinbar kognitiver Basis beruhen: Das ist geradezu atemberaubend.

Uns, die wir diesen Weg begleiten dürfen, geht es dabei wahrscheinlich nicht anders, als unseren Vor-Vorfahren, die einst das erste „Dampfross“ der Geschichte erblickt haben oder den ersten fliegenden Himmelskörper der Gebrüder Wright erleben durften. Wert und Auswirkung einer Idee und deren Umsetzung sind immer zeitgeschichtlich gebunden. Deswegen sollten auch wir den eingeschlagenen Weg des autonomen Fahrens behutsam, aber unablässig und zukunftsorientiert weiter verfolgen. Mit großer Freude und ebensolcher Erwartungshaltung.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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