CD-Tipp – Demis Roussos: Complete

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28 (richtig gelesen: achtundzwanzig) CDs für rund 90 Euro. Ein ungewöhnliches Angebot und deshalb ein guter Grund, an dieser Stelle einmal mehr auf Demis Roussos (1946-2015) hinzuweisen. Eine vollständige Ausgabe seiner Langspielplatten (später CDs) auf Silberlingen plus Dokumentarfilm auf DVD. Zugleich eine Hommage zum 70. Geburtstag am 15. Juni 2016. Und eine, die auf Resonanz stößt, denn sie hat bei manchen populären Internet-Anbietern bereits Nachlieferstatus.

An Demis Roussos schieden sich die Geister. Was dem Erfolg keinen Abbruch tat. Die Karriere steht für Experimentierfreude und Wandlungsfähigkeit ebenso wie für die profane Tatsache, dass man als Künstler schlicht – Leidenschaft hin, Freude am Tun her – Geld verdienen muss. Das tat er vorrangig mit Liedern, die Urlaubssehnsüchte Richtung Griechenland einigermaßen stillten, wenn man nicht selbst hinfliegen konnte. Diese Lieder (besonders erfolgreich Goodbye My Love Goodbye) produzierte ihm Leo Leandros, Vickys Vater, gewissermaßen auf den Leib – dessen Umfang zeitweilig Markenzeichen war und Stoff für die Klatschblätter.

1982 tauchte er nach mehrjähriger Pause wieder auf, mit nur noch halbem Gewicht und neuem Stil. Er griff die Zusammenarbeit mit Ex-Bandkollege Vangelis wieder auf, nannte ein neues Album schlicht Demis und ließ sich den Nachfolger Attitudes von Rainer Pietsch maßschneidern. Kommerziell nicht sonderlich erfolgreich, aber bis heute heiß gehandelte Geheimtipps. Das deutsche Publikum sei ihm besonders treu, hat er mal gesagt. Nichtsdestotrotz behielt er seine französischen Fans stets im Blick, zeigte, dass er auch komplexen Chansons stimmlich gewachsen war – und hatte doch wieder größere Hits mit eingängigem Pop, wie damals in den Siebzigern. Diesmal mit Produktionen aus Frankreich (Quand je t'aime), den Niederlanden (Time) mit tanzbaren Elementen und dem typischen Nederpop, den Ohrwürmern und einem Duett mit Drafi Deutscher (Young Love), das ihn sogar (zurück) in die ZDF-Hitparade brachte.

Viele späte CDs gingen vielleicht am großen Publikum vorbei – vornehmlich Chansons in französischer Sprache, ein teilweise auf Deutsch gesungenes Album (Auf meinen Wegen), mag sein, dass er da schon nicht mehr auf den großen Erfolg finanziell angewiesen war. Manche wurden dann hie und da zu Dumpingpreisen angeboten – umso besser, dass sie in dieser Box die angemessene Würdigung erfahren.

Schließlich hat er sich noch ein Mal von einer ganz anderen Seite gezeigt – kam 2009 mit Rock-Songs zurück, landete mit September nochmal einen Hit und schloß das (ausnahmslos mit wesentlich jüngeren Kollegen produzierte) Album mit einem Titel ab, den er seinen Kritikern auf den Weg zu geben schien: Who Gives A F…

Was man damals nicht wissen konnte: Damit schloß sich der Kreis seiner Veröffentlichungen logisch. Denn seine allererste Solo-CD hatte da angeknüpft, wo er als Frontmann von Aphrodites Child aufgehört hatte – beim Progressive Rock als Reminiszenz an die griechische Heimat. Die gefälligeren Lieder (die wiederum auch – als Schnulzen – Kritker auf den Plan riefen), kamen erst später.

28 CDs und eine DVD für rund 90 Euro, das ist sicher eine Sache für Fans. Viele der CDs sind aber unverändert einzeln erhältlich, größtenteils (sorgfältig) veröffentlicht bzw. wieder veröffentlicht beim niederländischen Label BR Music.

Demis Roussos: Complete (28 CDs + DVD/Universal Music)

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