Was ist die Zeit? Und die lösende, nicht lösende Kinderantwort, Staunensantwort kommt dazu: Die Zeit ist eine Uhr ohne Ziffern. An diesem Ausspruch des berühmten deutschen Philosophen Ernst Bloch mag der Weihnachtsmann gedacht haben: Denn schon wieder zerrann die Zeit, war ein ganzes Jahr verstrichen und Knecht Ruprecht zog in der Weihnachtspostfiliale der Deutschen Post im brandenburgischen Himmelpfort Bilanz: Heuer sind zum Heiligen Abend sage und schreibe mehr als 302.000 Briefe eingetroffen. Das sind zwar nicht ganz soviel wie vor Jahresfrist (312.000). Dennoch das zweitbeste Ergebnis aller Zeiten. „Himmelpfort ist bundesweit die größte ihrer Art. In den insgesamt sieben Post-Weihnachtspostfilialen gingen dieses Jahr zusammen rund 605.000 Briefe ein“, sagt Pressesprecherin Tina Birke. Die Hunderttausende Wunschzettel sind aber auch ein Statement für das Briefeschreiben – trotz oder gerade wegen der Smartphone-Euphorie. Die Kinder schrieben oder ließen von ihren Großeltern oder Eltern schreiben. Beeindruckt zeigte sich der Weihnachtsmann von vielen kleinen Kunstwerken, die Mädchen und Jungen für ihn malten oder bastelten.
Die meisten Briefe erreichten den knapp 500 Einwohner zählenden Ort aus Deutschland: Das Ranking führen Kinder aus Brandenburg an, es folgen Berlin, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Der Weihnachtsmann und seine 20 Helferinnen waren wie immer mehrsprachig und antworteten neben Deutsch in 17 Fremdsprachen: Denn rund 30.000 Wunschzettel kommen aus aller Welt. Dabei liegt Taiwan auf Platz eins, Rang zwei belegt Polen, gefolgt von Hongkong auf Platz drei. An vierter Stelle liegen die Briefe aus Italien, daran schließen Japan, Litauen, Russland und die USA an. Die Ränge neun und zehn nehmen Griechenland und die Schweiz ein. Insgesamt schrieben Kinder aus 71 Ländern. Die auf Recyclingpapier gedruckten Antwortbriefe sind weihnachtlich gestaltet. Die Deutsche Post verschickt sie umweltfreundlich mit ihrem CO2-neutralen VersandserviceGoGreen.
Viele Kinder wünschen sich heuer wieder Schnee. Bei Mädchen sind vor allem Puppenprinzessinnen aus einem Kinofilm sehr beliebt, bei Jungen Spielfahrzeuge wie Trecker, Eisenbahnen und Hubschrauber. Zu den ausgefallensten Wünschen zählt eine Eismaschine, die sich ein Junge wünscht, weil seine Eltern ihm nur im Sommer Eis kaufen. Ein anderer Junge wollte in der Küche einen Wasserhahn, aus dem Kakao laufen möge. Den kleinsten Brief hat ein Kind aus der Umgebung persönlich abgegeben, er misst zwei Mal zwei Zentimeter. Der längste Wunschzettel ist sieben Meter lang und kommt aus Sachsen.
Dieses Jahr erreichten den Weihnachtsmann allein an einem Tag die Rekordzahl von 25.629 Sendungen. Das waren fast 90 Postbehälter, die die Mitarbeiter des Logistikriesen bewältigten. Hinzu kommen die beantworteten Schriebe, die Himmelpfort wieder verließen. Da dürften pro Tag fast 200 Postbehälter bewegt worden sein.2015 hatten viele Kinder aus nah und fern richtig Mut und besuchten den Alten Gesell in seiner Himmelpforter Zentrale, sprachen mit ihm und überreichten ihm zugleich ihre Wunschlisten. Sicher ist sicher! Mehr als 24.100 waren es. Das freute ebenfalls den Orts-Bürgermeister Robert Philipp. Denn der Gästestrom kurbelt den Tourismus ungemein an, nicht nur zur Weihnachtszeit.
Der Weihnachtsmann empfing 2015 auch eine Nachwuchs-Journalistin aus Berlin. Die elfjährige Schülerin Isabella Piekenbrock nahm zum ersten Mal in ihrem jungen Reporterleben einen Termin für eine Redaktion wahr und interviewte unbekümmert Knecht Ruprecht. So wollte Isabella wissen, was macht er eigentlich im Frühling und im Sommer? Und Santa Claus antwortete. „Im Frühjahr ruhe ich mich erstmals von dem ganzen Trubel aus. Im Sommer fliege ich dann am Himmel entlang, um mich zu informieren, wo es welche Geschenke gibt.“ Und, so bohrte Isabella weiter, wie lange macht Du das schon? „Ich bin schon Weihnachtsmann seit die Kinder denken können!“ – und verschwand …
Text und Fotos: Erwin Halentz