Was haben Bridge Over Troubled Water, Hold Tight und Born To Be Wild gemeinsam? Der sanft-verträumte Song von Simon & Garfunkel, das bunt-fröhliche Lied der Briten um Dave Dee und schließlich Steppenwolfs Kampfansage an alles, was auch nur den Verdacht erregt, eine Konvention zu sein: Sie alle sind Klassiker, die erstmals in den Sechzigern erschienen sind. Und es ist gerade mal ein Zehntel der Playlist, die die beiden Autorinnen zusammengetragen haben.
Also noch so eine Schwarte der Selbsthistorisierung? Nein! Sondern: Eine fröhliche, selbstironische und auch nachdenkliche Erinnerung an die Zeit, die eine Jugendkultur überhaupt erst entwickelte. Das erste eigene Auto, das oft genug zur Grundsatzentscheidung führte: Fahren ODER Whisky-Cola trinken? Die ersten Flirts, denn auch um ihretwegen begab man sich in die Disco. Dazu modische Experimente, die sicher rückblickend wirken, als sei die Zusammenstellung von Ober- und Unterteilen vor dem Ausgehen mit verbundenen Augen erfolgt. Aber so war das damals: Es sollte auch optisch schrill sein.
Und die Eltern? Mussten den ein oder anderen Machtkampf mit dem Nachwuchs schon mal verloren geben. Von wegen: Wieduwiederaussiehst, Aberspätestensumelfbistduzuhause und so. Denn auch an den Universitäten gab es einen gewaltigen Umbruch als Spiegelbild der Gesellschaft. Jahre später würde es nicht mehr ungewöhnlich sein, dass Lehrende ihren Studis das Du anbieten, ohne dass über dem lockeren Umgangston die Autorität flöten ginge.
Disco Nächte zeigt die Anfänge einer Kultur auf, die irgendwann eine Art Selbstverständlichkeit war – Orte zum Ausgehen für junges Publikum, auch als die Disco-Welle Geschichte war. Sicher kommt dieses Buch, amüsant zu lesen auch für Nachgeborene, aus einem bestimmten Grund zur richtigen Zeit: Wie viele Kontakte werden heute nur virtuell gepflegt, ohne dass man sich jemals gesehen hat. Ist vielleicht einfacher und geht schneller, vor allem zu vielen Tageszeiten (Weggehen ist ja, seien wir ehrlich und redlich, doch in erster Linie fürs Wochenende gedacht). Andererseits zeigt ein solches Buch auch die Grenzen des virtuellen Vergnügens auf. Wie will man, zum Beispiel, online miteinander Whisky-Cola trinken?
Ilse Bachl/Renate Burgholzer: Disco Nächte. Jugend in den späten Sechzigern.Edition Innsalz; 16,00 EUR