80 Jahre Großglockner Alpenstraße

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Wenn man sieht, wie lange Straßenbauprojekte aktuell dauern, kommen einem fünf Jahre Bauzeit für die Großglockner Hochalpenstraße nicht nur vergleichsweise kurz vor – eher schon stellt man sich die Frage, ob sich heutzutage eine solche Straßenverbindung mitten durch die Hohen Tauern in nur 26 Monaten Bauzeit herstellen ließe. Vom September 1930 bis Anfang August 1935 schafften es der für das Projekt verantwortliche Oberbaurat Franz Wallack und bis zu 3.200 Arbeiter, eine sechs Meter breite und insgesamt 48 Kilometer messende Straße durchs Herz der Alpen zu bauen. Zum 80-jährigen Jubiläum der Straßen-Eröffnung wurde bekannt, dass die Großglockner Hochalpenstraße seit kurzem in die österreichische Denkmalliste aufgenommen ist; zudem läuft aktuell ein Antrag auf Anerkennung als Unesco-Weltkulturerbe.

80 Oldtimer – viele von ihnen waren schon zur Eröffnungszeit der Hochalpenstraße in Betrieb – steuerten zum Jubiläumsfest sowohl von Salzburger wie von Kärntner Seite aus die Kaiser-Franz-Josefs-Höhe (2.369 m) an und erwiesen so der seit 3. August 2015 unter Denkmalschutz stehenden Panoramastraße ihre Reverenz. Automobiler Ehrengast war der Post-Panoramabus von Graf & Stift aus dem Jahr 1950, der speziell für den Verkehr auf dieser Straße gebaut worden war und viele Jahre seinen hochalpinen Dienst versah. Schon sehr früh am Glockner zu sehen war auch der VW Käfer, denn Konstrukteur Ferdinand Porsche zeigte ihn schon anlässlich des Glockner Bergpreises 1938.

Die Zahlen aus der Erbauungszeit klingen auch heute noch gigantisch: 870.000 Kubikmeter Erde und Fels wurden in den 26 Monaten, die für den Bau zur Verfügung standen, bewegt – überwiegend von Menschenhand und nicht von riesigen Baggern oder Schubraupen. Bis zu 3.200 Arbeiter – Männer und Frauen – waren gleichzeitig mit dem Straßen- und Tunnelbau beschäftigt; sie wurden „Glockner-Baraber“ genannt. 1,8 Millionen Arbeitsschichten waren nötig, um unter anderem rund 116.000 Kubikmeter Mauerwerk zu errichten und 67 Brücken zu erstellen. Freilich konnte Wallack, der nicht nur den Bau beaufsichtigte, sondern auch die Trasse geplant hatte, im Talbereich auf der Salzburger Seite auf vorhandene Straßen zurückgreifen, die für die erwartete stärkere Nutzung allerdings ertüchtigt werden musste. Historischer Beginn ist das Zentrum des Ortes Bruck an der Glocknerstraße im österreichischen Bundesland Salzburg, wo sich auch heute noch ein Granit-Kilometerstein mit einer gut erkennbaren „0“ befindet, das historisches Ende der Straße befindet sich am Kilometerstein 47,8 am Ortsrand von Heiligenblut in Kärnten. Dazwischen liegen 27 Kehren, die maximale Höhe der Durchzugsstrecke beim Tunnel am Hochtor beträgt 2.504 Meter.

Mit Hilfe der von Anfang an als Panoramastraße geplanten Strecke sollte einerseits „auch Alte, Kranke und Behinderte den Zugang zu Naturschönheiten erhalten, auf deren Genuss jedermann ein Anrecht habe“ – so hieß es in der Projekt-Begründung. Während der Bauzeit kam auch das Argument der Arbeitsbeschaffung hinzu, denn von 1930 bis 1933 stieg die Arbeitslosigkeit in Österreich von 11,2 auf 26 Prozent. Schon ein Jahr nach dem Baubeginn sorgte eine ernste Finanzkrise für einen mehrmonatigen Baustopp. Doch weil sich in den Dreißiger Jahren der Geist des Projektes änderte, fand man übergeordnete Gründe für die Finanzierung: Unter dem diktatorischen Regime des Kabinetts Dollfuß lief der Bau ab März 1933 geschmeidiger ab, symbolisierte doch mittlerweile der Bau der Hochalpenstraße das „Neue Österreich“ und wurde zum Markenzeichen für den Willen des kleinen Alpenlandes zur Selbständigkeit.

Zusätzlich zur Durchzugsstrecke hatte Wallack zwei Straßenäste geplant: Zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe (2.369 m) führt die knapp neun Kilometer lange Gletscherstraße; sie verläuft über weite Strecken auf der Trasse der bereits Anfang des 20. Jahrhunderts von Heiligenblut aus gebauten Glocknerhausstraße und weist drei Serpentinen auf. Erst während der längst laufenden Bauarbeiten entschied sich Wallack, auf das isoliert stehende Poneck eine 1,6 Kilometer lange Stichstraße mit sechs engen Kehren zu bauen; weil der Berg oben arg spitz war, kappte er ihn um fünf Meter und errichtete dort einen Parkplatz. Ganz im Sinne aktuellen Marketings benannte der Baumeister das Poneck dann auch noch um: Der mit 2.571 Metern höchste erreichbare Punkt heißt seither Edelweißspitze. Diesen Bau mit den sechs engen, auch heute noch kopfsteingepflasterten Serpentinen zog Wallack in nur sechs Wochen im Sommer 1934 durch.

Wallack war ein begeisterter Auto- und Motorradfahrer. Kein Wunder, dass er bereits am 22. September 1934 zur ersten Tauern-Überquerung startete: Mit einem Steyr 100 befuhr er erstmals die Strecke. Gleich nach der Eröffnung im August 1935 machte es ihm halb Österreich nach: Die Statistik nennt für 1935 12.900 österreichische Autos, was rein rechnerisch 59 Prozent aller damals zugelassenen Privatwagen entspricht. 130.000 zahlende Besucher wollten sich in den ersten Monaten bis zum Wintereinbruch die Sensation dieser Hochgebirgsstraße nicht entgehen lassen. Und bis 1937 wurde – statistisch gesehen – jedes österreichische Privatauto 1,42-mal über die Glocknerstraße gelenkt!

Der ganz große Run erfolgte Anfang der 1960er Jahre im Zuge der Massenmotorisierung. Als Rekordzahl dürften die 1,4 Millionen Besucher von 1962 einen Ewigkeitswert darstellen. Ausbaumaßnahmen wurden nötig, wegen der stets größer werdenden Busse wurden die Kurvenradien von zehn auf 15 Meter erhöht, die Fahrbahnbreite wuchs 1984 von sechs auf minimal 7,5 Meter. In den letzten Jahren lag die Besucherzahl zumeist um die 850.000.

Wechselhaft war im Lauf der Jahre auch der Zuspruch der Motorradfahrer: Anfangs waren sie ganz wild auf das Befahren der Großglockner Hochalpenstraße. 1955 wurden 47.500 Motorräder gezählt. Doch im Zuge der schon erwähnten Massenmotorisierung sank ihre Zahl auf kümmerliche 2.071 im Jahr 1968. Im Jahrhundertsommer 2003 wurden dann schon wieder 76.000 Motorräder gezählt, und nicht zuletzt dank einer 2008 begonnenen, mehrere Jahre laufenden Aktion zur „Motorradfreundlichkeit“ dieser Pass-Straße ist deren Zahl im Jahr 2013 auf 90.548 gestiegen – „fast sind’s schon zu viele“, hört man am Großglockner inzwischen. Trägt die Straße irgendwann auch noch das zugkräftige Wappen „Unesco-Weltkulturerbe“, dürfte lediglich ihr Anteil geringer werden, weil die Zahl sonstiger Besucher vermutlich steigen dürfte. Motorradfahrern ist stabiles Schönwetter besonders wichtig, weshalb die Zahlen für 2015 in Rekordrichtung weisen.

Text: Spot Press Services/Ulf Böhringer
Fotos: www.grossglockner.at/Mike Vogl/SP-X

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