CD-Tipp der Woche

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Marianne Faithfull: Before The Poison (Ministry Of Sound)

PJ Harvey, Nick Cave, Damon Albarn und Filmkomponist Jon Brion: Sie alle haben an Marianne Faithfulls neuem Album Before The Poison mitgewirkt. Und die Aufzählung ist nicht bloß Fallenlassen von Namen, es zeigt auch die Popularität einer Sängerin, die erst relativ spät die verdiente Anerkennung gefunden hat, dafür aber heute diese Anerkennung dauerhaft genießt, und zwar bei Kritikern, Musikern und Fans nahezu aller Altersgruppen.

Allein die Stimme klingt so, als seien die Songs schlichtweg Berichte aus nicht bloß einem, sondern unzählig vielen Leben. Und vom schlichten Über-Leben obendrein. Rauchig und brüchig, klagend (aber nicht jammernd), nachdenklich – was die Frau zu erzählen (oder zu besingen) hat, ist sicher für verschiedene Interpretationen geeignet. In der Schonungslosigkeit sich selbst – und auch anderen – gegenüber liegt Marianne Faithfulls ganz große Stärke.

Früher war sie Mick Jaggers Freundin, und als wunderhübsches Rolling-Stones-Groupie wurde sie bekannt. Aber das ist lange her. Schwierige und schwierigste Jahre folgten. Einfach Glück gehabt zu haben antwortete sie in einem Interview auf die Frage, wie sie die eigentlich überlebt habe. Spätestens mit ihrem Sensations-Album Broken English bewies sie 1979, wie viel Potential in ihr steckt. The Ballad Of Lucy Jordan, das Lied über eine Hausfrau, die verzweifelt versucht, mit ihrem als sinnlos empfundenen Dasein fertig zu werden, brachte sie nicht nur zurück in die Charts, sondern führte auch dazu, dass ihre Jagger-Vergangenheit seither nur noch in Nebensätzen erwähnt wird.

Heute, mit fast 60 Jahren, ist Marianne Faithfull eine von Kritikern geschätzte und von Fans geradezu geliebte Interpretin. Zwischen ihren Alben kann sie sich Zeit lassen; für Before The Poison hat sie sich gut zwei Jahre genommen. Das Warten hat sich gelohnt. Herausgekommen ist ein Album mit Balladen, die schön, aber eben nicht heiter sind. Vielleicht ist gerade das ihr großes Erfolgsgeheimnis – dass sie über menschliche (Un)tiefen glaubwürdige Lieder beitragen kann, weil sie, was sie besingt, selbst erlebt und überlebt hat.

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