Ja, stellen wir Ihnen denn jetzt schon Bücher über Selbstverständlichkeiten vor? Ansonten suchen wir doch das Nicht-Alltägliche für Sie aus der Vielfalt der Buch-Neuerscheinungen heraus?
Nun, der Führerschein, genauer der Pkw-Führerschein, darf aus verschiedenen Gründen tatsächlich als Selbstverständlichkeit angesehen werden. Bei Bewerbungen ist er ein Vorteil, auch wenn er mit der Stelle, auf die man sich bewirbt, direkt nichts zu tun hat. Aber es kann Notsituationen geben, in denen es nötig ist, Auto zu fahren. Vielerorts ist es schlicht zeitaufwändig, sich mit Bus und Bahn irgendwohin zu begeben, erst recht, wenn man einen Termin wahrnehmen muss. Den Wocheneinkauf transportiert man bequemer und zeitsparender im Kofferraum als zu Fuß. (Ok, Bewegung ist gesund, aber ob das Schleppen schwerer Einkaufstaschen darunter zu verstehen ist, werden Orthopäden nicht ohne Weiteres bejahen). Und über die Freude am (sicheren!) Fahren, die spannenden technischen Innovationen lesen Sie ohnehin täglich News an dieser Stelle.
Umso unglaublicher ist, was Fahrlehrer Andreas Hoeglauer aus seiner Praxis berichtet: Seit 2008 arbeitet er als Fahrlehrer. Und erlebt junge Menschen, die den Lappen nur auf Druck der (weitsichtigen!) Eltern haben wollen und die Vorbereitung zur Fahrprüfung entsprechend motivationsfrei angehen. Mancher Fahrschüler springt, weil kritikresistent, schon mal beleidigt an einer auf Rot stehenden Ampel aus dem Auto. Fahrstunde hin, Führerschein her. Andere trinken sich Mut an, bevor sie die Fahrstunde wahrnehmen. Nichts gegen Stressbewältigung im Vorfeld, aber vielleicht wäre eine andere Methode geeigneter.
Auch jenseits der ganz spektakulären Ereignisse ist Andreas Hoeglauers Buch sehr informativ. Gar nicht so selten sind ängstliche Fahrschüler, denen der Pädagoge erst mal die Hemmnisse nehmen muss. Und was ist mit denen, die schon mal verbotenerweise irgendwo ans Steuer durften und/oder glauben, die Fahrprüfung quasi als Formsache in Rekordzeit durchzuziehen? Naturtalente gibt's natürlich, aber – tatsächlich! – sehr selten.
Über die Kuriositäten hinaus bietet Andreas Hoeglauer eine sehr schöne Sicht aufs Autofahren und die Vorbereitung darauf, insofern mag sein Buch besonders Eltern ans Herz gelegt werden, deren Nachwuchs irgendwann in nächster Zeit das Abenteuer Fahrprüfung angehen wird. Mit sinnvoller Vorbereitung nimmt der Prüfling sie so wahr, wie sie gedacht ist – als eine, die sinnvollerweise zum Leben gehört wie die Berufsausbildung, entsprechend sollte man sie sinnvoll vorbereiten und sie nicht nach dem Motto Das wird schon blindlings angehen. Dann verliert auch der Theorieteil seinen Schrecken.Und dem sicheren Fahrspaß steht nichts mehr im Wege.
Übrigens, wenn hier immer nur in der Er-Form geschrieben wird – heißt das, Hoeglauer (und mit ihm der Rezensent) schließen sich dem Vorurteil an, dass Männer viel besser und Frauen eben nicht so gut Auto fahren können? Klare Antwort vom Fahrlehrer: Das stimmt nach seiner Erfahrung nicht. Keines der Geschlechter ist per se im Vorteil, keines im Nachteil. Hoeglauer nennt aus der eigenen Biographie ein unwiderlegbares Indiz vor: Er bekennt, dass seine Frau besser einparkt als er selbst.
Andreas Hoeglauer: Schattenparker, Bordsteinrammer und andere Fahrschüler. Aus dem Alltag eines Fahrlehrers. Schwarzkopf und Schwarzkopf Verlag; 9,99 Euro.