Ein bekanntes Phänomen: Es bildet sich ein Stau wegen einer roten Ampel oder Linksabbiegern. Die einzige Möglichkeit, daran vorbeizukommen, ist das Überfahren des Radschutzstreifens, etwa um geradeaus fahren zu können oder eine Rechtsabbiegespur zu erreichen. Dies ist grundsätzlich zulässig, informiert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Voraussetzung sei jedoch, dass der Radschutzstreifen nicht zur gleichen Zeit von Radfahrern genutzt werde. Befindet sich der Streifen auf einer Vorfahrtsstraße, muss bei einem Unfall derjenige den Schaden tragen, der von der querenden Straße kommt, entschied das Amtsgericht Berlin-Mitte am 14. November 2011 (AZ: 108 C 3467/10). Das gilt auch dann, wenn ein Autofahrer den Radschutzstreifen benutzt hat.
Der Kläger wollte vor einem Kreisverkehr rechts abbiegen. Vor der Einfahrt in den Kreisverkehr bildete sich ein Stau. Da keine Radfahrer auf dem Radschutzstreifen fuhren, nutzte der Autofahrer die Gelegenheit, um – ohne sich in den Stau einreihen zu müssen – an dem Stau vorbei zur Abbiegespur nach rechts zu gelangen. Die Straße war vorfahrtsberechtigt. Als in diesem Moment aus einer Seitenstraße ein Auto herausfuhr, kam es zum Unfall.
Den Schaden musste die Fahrerin des querenden Fahrzeugs tragen. Auch wenn das andere Auto auf dem Radschutzstreifen gefahren sei, habe es Vorfahrt gehabt, so das Gericht. Die Voraussetzungen für eine erlaubte Nutzung des Radschutzstreifens lägen vor: Zu diesem Zeitpunkt hätten ihn keine Radfahrer genutzt.
Dies würde nicht anders beurteilt werden, wenn aus der Seitenstraße ein Radfahrer gekommen wäre, erläutern die DAV-Verkehrsrechtsanwälte. Diesen könnte dann ebenso die volle Haftung treffen.
Copyright: Verkehrsrechts-Anwälte im Deutschen Anwaltverein