Škoda – Die „Tour“ spricht tschechisch

Beitragsbild
Foto 1

löst Fiat als Automobil-Partner beim größten Radrennen der Welt ab und kehrt zu den eigenen Wurzeln zurück.Mehr als 15 Jahre lang war die automobile Amtssprache beim größten jährlich wiederkehrenden Sportereignis der Welt italienisch gewesen. Doch seit 3. Juli, dem vergangenen Samstag, ist bei der Tour de France alles anders. Stieg Tour-Direktor Jean-Marie Leblanc, dessen Bekanntheitsgrad im Radsport-verrückten Frankreich auf einer Ebene mit Staatspräsident Jacques Chirac gehandelt wird, und vielleicht nur noch von dem der Jeanne d'Arc übertroffen wird, in all den Jahren zum Etappen-Start in einen knallroten Alfa Romeo V6, so geben bei der 91. Auflage der Großen Schleife nun die Fahrzeuge aus Mlada Boleslav den Ton an. Die tschechische VW-Tochter Škoda ist zum ersten Mal partenaire officiel, also einer der Hauptsponsoren des Millionen-Spektakels, und wird drei Wochen lang die Gelegenheit wahrnehmen, die Bandbreite ihrer ganzen Palette vom kleinen Fabia bis zur Upper Class im Superb, geschätzten 20 Millionen Franzosen an der Strecke und weltweit zwei Milliarden Fernseh-Konsumenten in über 170 Ländern zu präsentieren. Klar, dass Leblanc, ohne dessen d'accord bei der Tour nichts läuft, aufs Komfortabelste ausgestattet ist. Der Chef persönlich wird in einem 235 PS starken Škoda Superb 2,8 V6 bis zum Eintreffen auf den Champs Elysées am 25. Juli chauffiert werden.

Seit dem 2. März diesen Jahres ist das tschechische Unternehmen offizieller Partner der Grande boucle. An diesem Tag unterzeichneten die Verantwortlichen von Škoda Auto und der die Tour veranstaltenden Amaury Sport Organisation (ASO) den Heiratsvertrag, der den Tschechen die Aufnahme in den exklusiven Mitglieder-Club der Tour neben den weiteren Hauptsponsoren Crédit Lyonnais, Supermarché Champion und Nestlé Aquarel garantiert. Škoda stemmt für die gigantische Werbefahrt auf mehr als 3.000 Kilometern in drei Wochen quer durch Frankreich eine gewaltige Organisations-Maschinerie. Insgesamt 175 Škoda-Automobile, vom Fabia über den Octavia bis zum Superb, rollen jeden Tag über die französischen Landstraßen und in die Wohnzimmer zwischen Hammerfest und Kapstadt, zwischen Rio und Tokio. Die Fahrzeuge stammen allesamt aus der französischen Dependance des Unternehmens in Evry, wo seit Wochen Dutzende von Škoda-Mitarbeitern die Karawane für den Werbeauftrag präpariert hatten. Für Škoda Auto bedeutet dieser Auftritt bei einem der weltweit größten Sportereignisse die größte Herausforderung dieser Art in der Geschichte unseres Hauses, seit der Unternehmensgründung im Jahre 1895 ordnet Škoda-Sprecher Jaroslav Cerny den Tour-Auftritt in historische Dimensionen ein.

Über die finanziellen Dimensionen der Zusammenarbeit zwischen Škoda und ASO haben beide Parteien Stillschweigen vereinbart. Sie dürften sich jedoch, gemessen am Engagement der weiteren Hauptsponsoren, im zweistelligen Millionen-Bereich bewegen. Eine Summe, die sich nach Einschätzung Cernys dennoch rechnet. Unsere Autos sind nicht nur jeden Tag mit der riesigen Tour-Karawane unterwegs, sie stehen auch an fixen Standorten in den jeweiligen Etappen-Zielen, wo wir die Gelegenheit haben, unser hervorragendes Image weiter zu verbessern und auf die Vorzüge unserer Modelle aufmerksam zu machen. Škoda verfolgt bei dem millionenschweren Spektakel eine zweigeteilte Strategie. Sonder-Editionen, wie der limitierte Octavia Combi Tour de France, ein allradgetriebener Common-Rail-Diesel mit Namenszug des Besitzers und dem Tour-Logo in den Trittbrettern, verbreiten einen Hauch von Exklusivität, doch die Tschechen richten sich mit der Mehrzahl ihrer präsentierten Tour-Fahrzeuge auch an die Majorität ihrer Kunden. Erstklassig ausgestattete Fahrzeuge in allen Segmenten mit einem besonders günstigen Preis/Leistungs-Verhältnis wolle man zwischen Seealpen und Ostbelgien präsentieren.

In erster Linie sind es Diesel-Fahrzeuge, die der Hersteller einsetzt und sich dabei auf die gut gefüllten Regale des Wolfsburger Mutterkonzerns stützen kann. Volkswagen selbst profitiert übrigens auch vom Engagement der Tschechen, denn dort, wo die Aufnahmekapazität eines Škoda Superb nicht mehr ausreicht, rollen auch die Großraumlimousinen Touran und Sharan oder VW-Transportfahrzeuge – allesamt ausgestattet mit WOB-Kennzeichen – an der Atlantik-Küste entlang oder durchqueren schwer erreichbare Pyrenäen- und Alpendörfer. Škoda kehrt mit diesem Engagement auch ein wenig zu den eigenen Wurzeln zurück. Schließlich haben auch die beiden Herren Laurin und Klement Ende des 19. Jahrhunderts damit begonnen, Fahrräder zu konstruieren, ehe sie später auf von einem Verbrennungsmotor angetriebene Mobile umsattelten. Die ersten Exponate der beiden böhmischen Macher haben mit den heute der Tour eingesetzten Rädern aber kaum noch etwas gemeinsam. Wenn überhaupt, dann ist es der Preis. Die neue, speziell für ihn angefertigte Zeitfahrmaschine des deutschen Radsport-Heroen Jan Ullrich. die gerade noch 6,8 Kilogramm wiegt, kostet schätzungsweise 20.000 Euro. Ohne Entwicklungskosten, versteht sich. Zum Vergleich: Die Sonderedition Octavia Combi 4X4 TDI 100 Tour de France geht für 20.700 Euro über den Ladentisch.

Da wird einem nicht nur schwindelig, wenn man oben in L'alpe d'huez auf die Alpenriesen blickt, sondern auch, wenn man sich ein wenig an die eigene Jugendzeit zurück erinnert. Mein erstes Fahrrad der Marke Vaterland Anfang der sechziger Jahre kostete 60 Mark, inklusive der damals neuesten, sensationellen Errungenschaft: einer Dreigang-Nabenschaltung!

Jürgen C. Braun

Nach oben scrollen