2024 entwickelt sich die Rallye Dakar zu einem erbittert geführten Zweikampf, wenn man die letzten Tage und deren Ergebnisse betrachtet. In der „Ultimate“- Wertung beharken sich vor allem zwei Fahrer, die auf zwei unterschiedlichen technischen Konzepten unterwegs sind. Sainz, der Spanier, führt derzeit auf dem Audi Q RS e-tron, einem Elektro-Hybriden, darf aber im Falle des Angriffs „von hinten“ auf seine beiden Markenkollegen Peterhansel und Ekström vertrauen. Loeb, ehemaliges Mitglied der französischen Turn-Nationalmannschaft, hat seine vierte Tagesetappe gewonnen, pilotiert einen Prodrive Hunter vom Team BRX und liegt etwa 20 Minuten hinter „El Matador“ Sainz auf der knallroten Sechszylinder-Coupè-Flunder. Deren Motor ernährt sich von einem Treibstoff, der aus pflanzlichen Derivaten generiert wird und 70 Prozent weniger CO2 ausstößt. Auch die Fahrstile unterscheiden die beiden Kontrahenten: Während Sainz zwar auch schnell ist, aber etwas weniger hart und abrupt fährt (manche sagen: eleganter), ist Loeb eher „auf Krawall gebürstet“, stets mit voller Kraft, dabi endlos lange, exzellente und präzise Sand-Drifts zeigend, „sau“schnell, aber auch mit entsprechenden Risiken. Die da lauten: Im Sand stecken bleiben, in ein Dünenloch fallen, an Felsen oder Kamelgras-Büschen hängen bleiben, Dünenkuppen zu direkt nehmen (Überschlag-Gefahr) oder den rechten Weg verpassen. Das ist Loeb und seinem Co an einem Tag zwei Mal passiert, dazu kam ein notwendiger Reifenwechsel. Dennoch holten sich die Franzosen die Tagestrophäe. „All-out-attack“ ist das Credo von Loeb, der unbedingt die Lücke zu Sainz schließen will. Nicht zu vergessen:Beide Gegner waren 2018 beim Sieg der Peugeot-Armada in Argentinien noch Team-Mitglieder. Serradori auf dem Century Racing CR6 optimierte seinen Tag mit dem dritten Platz auf dem Podium. Peterhansel auf 6, Ekström auf 8 und Nani Roma auf dem Ford Raptor, wieder dabei auf Platz 13. Das freut die Fans. Vom heutigen Al-Ula-Tagesziel nach 417 gezeiteten Kilometern und dem folgenden Rundkurs um die Wüstenstadt, wo auch das Biwak für zwei Nächte steht, geht es in zwei weiteren Etappen zum Ziel.
Der Rundkurs an Tag 10: Sand, viel messerscharfer Schotter, 371 Kilometer schnell ausgesteckt. So wundert es nicht, dass Ekström loslegt „wie die Feuerwehr“, sogar Loeb nicht folgen kann (oder will, da Ekström kein direkter Mitbewerber ist). Al-Attiyah, wieder am Start, kehrte von dort gleich wieder um ins Biwak, da der Motor zickte. Ähnlich erging es Nani Roma mit dem einzig verbliebenen Ford Ranger Raptor. Ob beide nochmals zurückkommen? Sogar Sainz hatte ein Problem: Sein „Tracking“- System war ausgefallen, also das digitale GPS-System zur Fahrzeugortung in Echtzeit und für die Routendokumentation).
Fazit: Alle Favoriten hatten Probleme: Sainz wartete mit mehreren Reifendefekten auf, hatte dann keine nutzbaren Ersatzgummis mehr und fand nur defekte Pneus seitlich in den Rad-Kästen, Ekström half. Natürlich. Bei Loeb brach ein hydraulischer Wagenheber beim Radwechsel, ebenfalls spürbarer Zeitverlust. Ausgerechnet beim Aufholen gegenüber Sainz. Immerhin konnte der Franzose seinen Gesamtrückstand auf knapp über 10 Minuten reduzieren, man kann auch sagen, abraspeln. Von all den Malheurs völlig unbeeindruckt zeigte sich Chicherit, düste mit seinem Overdrive-Hilux durch das anspruchsvolle Terrain und sicherte sich souverän den Tagessieg. Manche versuchen mit allen Mitteln, ihre relativ gute Position zu halten, andere greifen bis zur letzten Minute an, um sich noch etwas zu verbessern, so kurz vor dem Ende der Sand- Rundfahrt. Such is life, that’s the Dakar Rally.
Fotos: Audi Communications Motorsport (Antonin Vincent, DPPI/Michael Kunkel), DPPI Productions/Florent Gooden, Eric Vargiolu (Prodrive BRX)