Recht: Ast beschädigt Auto – Ansprüche auf Schadenersatz

Schadensersatz von einer Gemeinde wegen Verstoßes gegen die Verkehrssicherungspflicht gibt es nicht so häufig. Meistens sind die Kontrollen von Bäumen oder Straßen ausreichend. Jetzt gibt es aber eine neue Entscheidung, in der eine Stadt verpflichtet wurde, Schadensersatz wegen eines herabgefallenen Astes zu zahlen.

Grundsätzlich reicht eine Kontrolle pro Jahr bei Straßenbäumen aus. Zeigen sich aber bereits Vitalitätsbeeinträchtigungen, sind weitere Untersuchungen erforderlich, insbesondere der Baumkrone. Erfolgen diese nicht, haftet die Stadt für einen herabfallenden Ast.
Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main vom 11. Mai 2023 (AZ: 1 U 310/20). 

Die Klägerin hatte ihren Fiat 500 im August 2019 in Frankfurt am Main in einem Wohngebiet geparkt. Von einer Robinie auf dem Bürgersteig brach nachts ein großer Ast ab und stürzte auf das Fahrzeug. Der Wagen hatte danach einen Totalschaden. Die beklagte Stadt Frankfurt am Main hatte den Baum letztmals im August 2018 kontrolliert. Das Landgericht sah einen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht und verurteilte die Stadt insgesamt 6.500 € Schadensersatz an die Klägerin zu zahlen. Die Stadt wollte die Entscheidung nicht akzeptieren und legte Berufung ein. Doch auch vor dem Oberlandesgericht hatte die Kommune keinen Erfolg. Die Klägerin könne Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht verlangen, begründete das OLG seine Entscheidung.  

Grundsätzlich reiche es aus, wenn eine Gemeinde „Straßenbäume regelmäßig auf trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder Frostrisse beobachtet und eine eingehende Untersuchung dort vornimmt, wo besondere Umstände wie das Alter des Baumes, sein Erhaltungszustand, die Eigenart seiner Stellung oder sein statischer Aufbau sie dem Einsichtigen angezeigt erscheinen lassen“, führte das Gericht aus.  Ob eine zweimalige jährliche Kontrolle in belaubtem und unbelaubtem Zustand erfordert oder aber eine einmalig jährliche Kontrolle ausreicht, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts in Frankfurt am Main ist es nicht pflichtwidrig, wenn die Bäume nicht generell alle sechs Monate untersucht. Nach der sogenannten 
FLL-Richtlinie der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. ist dies möglich, denn die Vorgabe beruht auf der Erfahrung von zahlreichen mit der Baumpflege befassten Fachverbänden. Demnach sei es grundsätzlich ausreichend, „bei einem stärker geschädigten Baum, der sich in der Reife- oder Altersphase befindet und an einem Standort mit berechtigterweise höheren Sicherheitserwartung des Verkehrs steht, ein Kontrollintervall von einem Jahr festzulegen, soweit die Schädigungen so geartet sind, dass sich voraussichtlich nicht innerhalb eines Jahres auf die Verkehrssicherheit auswirken.“ 

Allerdings sieht auch diese Richtlinie in begründeten Fällen kürzere Intervalle und besondere Untersuchungen vor. Derartige Besonderheiten lagen hier vor. Nach Angaben des Sachverständigen hatte die Stadt nicht ausreichend berücksichtigt, „dass das äußere Erscheinungsbild der Baumkrone (…) mit einer gesunden und vitalen Robinie nicht annähernd vergleichbar war“. Die Krone habe sich vielmehr als ausgesprochen schütter dargestellt. Dies Erscheinungsbild habe sich auch nicht erst seit der letzten Regeluntersuchung entwickeln können, sondern müsse in ähnlicher und auffälliger Weise schon seinerzeit bestanden haben. Der Zustand des Baumes habe deutliche Zeichen einer Vitalitätsbeeinträchtigung gehabt. Diese besonderen Umstände wären Anlass gewesen, „in kürzerem Abstand und unter Benutzung eines Hubsteigers oder Einsatz eines Baumkletterers den Kronenbereich besonders zu kontrollieren“, betonte das OLG.   

Nach oben scrollen