BMW: 50 Jahre „M-Tuning“

Seit nunmehr 50 Jahren setzt der Buchstabe M bei den BMW-Fans Adrenalin frei. Damals brachte BMW die ersten Tourenwagen mit hochkarätiger Renntechnik über die neu gegründete, hauseigene Motorsport GmbH an den Start. Eine wilde Meute, die als Taschenrakete 2002 den Rallyesport aufmischte, während die aggressive Optik des Autobahnrasers 2002 turbo sogar im Bundestag thematisiert wurde und das große Coupé 3.0 CSL auf Rundstrecken eine Siegesserie startete, die mit dem Gewinn der Tourenwagen-EM 1973 einen frühen Höhepunkt feierte. „Batmobil“-Poster des mit gigantischen Flügel- und Spoilerwerk dekorierten BMW 3.0 CSL schmückten Kinderzimmer – bis 1978 der ultraflache V12-Jäger BMW M1 kam. Dieser legendäre Bayer mit Lamborghini-Genen und 24 Ventilen unter der Haube ließ die BMW-Werber ihr gewohntes Understatement vergessen: „Erstklassige Automobile zu bauen, ist eine Wissenschaft. Einzigartige eine Kunst. Jetzt gibt es ein Automobil, das beides ist: Der neue BMW M1“. Seitdem geht es Schlag auf Schlag mit bulligem M535i (1980), brachialem M5 (1984) und drahtigem M3 (1986), bis fast das ganze Band von M1 bis M8 abgedeckt war. Heute ist die Marke BMW M längst auf Pole Positions abonniert.

Dynamik in den Genen besaßen bereits die drei Männer, die 1972 das Projekt Motorsport GmbH in die Umlaufbahn schossen und so die Marke BMW im kleinen Club der Hersteller von High-Performance-Boliden als ernst zu nehmende Größe etablierten. Während sich München damals auf die Ausrichtung der Olympischen Spiele vorbereitete, stellte BMW-Chef Eberhard von Kuenheim bei dem weiß-blauen Autobauer alles auf den Kopf: Neues Hauptquartier in Form des Neue-Klasse-Vierzylinders, der erste 5er mit numerischem Modellnamen und die Ernennung des leidenschaftlichen Kampfjet-Piloten Robert A. Lutz zum Marketingvorstand mit sportlichen Ambitionen.

Jochen Neerpasch gelang es als Leiter der BMW Motorsport GmbH, die namhaftesten Rennfahrer jener Tage anzuziehen. Ob Chris Amon, Hans-Joachim Stuck, Dieter Quester, Björn Waldegaard oder Toine Hezemans, sie jagten in BMW 2002 und ab 1973 auch in 3.0 CSL mit den markanten Rennfarben blau, violett und rot auf weißem Grund von Erfolg zu Erfolg. Nicht weniger als sechs Mal in Folge gewann der 3.0 CSL die Tourenwagen-EM. Und die Straßenversionen dieses „Batmobils“– mangels Zulassung wurden die Spoiler im Kofferraum mitgeliefert – beanspruchten die linke Autobahnspur. Auch als Kunstwerk schrieb Batmans potentieller Dienstwagen Geschichte: 1975 überraschte ein von Alexander Calder gestalteter 3.0 CSL bei den 24 Stunden von Le Mans.

Weltweit bekannt wurde der Buchstabe M aber erst durch einen Supersportwagen, der sogar Ferrari Respekt abverlangte. Für dieses Projekt M1 verbündete sich die BMW Motorsport GmbH mit Lamborghini, verfügten die Italiener doch über konkurrenzlos große Erfahrung in der Entwicklung straßentauglicher Renner. Zunächst verlief alles nach Plan: Giorgetto Giugiaro entwickelte das sensationell flache Design (1,10 Meter) und BMW nach einem anfänglich projektierten und dann verworfenen V8 einen brandneuen 204 kW/277 PS starken Sechszylinder, den ersten mit Vierventiltechnik. In der Motorsportversion stellte er satte 346 kW/470 PS Leistung bereit, in jedem Fall genügend Power, um alle Rivalen ins Schwitzen zu bringen. Noch vor Serienanlauf geriet Lamborghini allerdings in finanzielle Schieflage. Nun wurde improvisiert. Italienische Zulieferer bauten Gitterrohrahmen und Kunststoffkarosserie für den M1 und lieferten alles nach Stuttgart zum Karossier Baur, der wiederum die von BMW gelieferte Mechanik installierte. Diese zeitliche Verzögerung führte dazu, dass die Homologationsserie zu spät kam für den ursprünglich geplanten Motorsporteinsatz des M1. Nur in der Procar-Serie punktete der damals teuerste und schnellste deutsche Sportwagen (262 km/h bzw. als Motorsportversion 310 km/h) noch. Gleichzeitig glänzte der M1 als Fahrmaschine, denn bei der Fahrt ums Eck stand 1 g für den weltbesten Querbeschleunigungswert. Einzigartig blieb übrigens auch ein 1979 gebauter M1, den Pop-Art-Künstler Andy Warhol zum Kunstwerk gestaltete.

Die ersten Wölfe „im grauen Flanell“, wie BMW sie nannte, mit denen vom Büro auf die Rennstrecke gesprintet werden konnte, baute die Motorsport GmbH seit 1974 als 530i, 533i und 535i. Bis 1980 entstanden so knapp 900 Limousinen mit Werkstuning. Dann folgte der M535i (E12) mit 160 kW/218 PS starkem Sechszylinder und 1984 debütierte der erste M5 (E28). 6,4 Sekunden genügten diesem 210 kW/286 PS starken M5 für den Sprint auf Tempo 100 – Weltrekord für Viertürer. Weitere Weltbestwerte sollten folgen: der M5 Touring (E34) von 1992 reüssierte als schnellster Kombi, den M3 (ab 1985) stilisierten Fachmedien zum Jahrhundertsportwagen. Der erste M3 CSL (E46; „Coupé Sport Leichtbau“) legte auf der Nordschleife die Messlatte für die Rivalen Mercedes C 55 AMG und Audi S4 höher und der dritte M5 (E60) übersprang mit Zehn-Zylinder-Herz 2004 als erster Businessjet die 500-PS-Marke.

Seit 1993 firmiert das Münchner Leistungszentrum offiziell als M GmbH, fortan wurde das Produktportfolio noch bunter. Das „M“ verschaffte sich durch immer neue Art-Cars in der Kunstszene Anerkennung, mit ultrascharfen Roadster-Ablegern von Z3 und Z4 bei Frischluftfans und mit den 2009 aufgelegten Typen X5 M und X6 M schließlich auch bei der leistungssüchtigen SUV-Klientel. Damals hatte gerade der 300.000ste Dampfhammer die bayerische Leistungsschmiede verlassen und die Sportschau auf dem deutschen Markt war reichhaltiger geworden. Powerversionen von Lexus, Cadillac, Jeep oder Jaguar sowie viertürige Porsche machten die BMW-M-Modelle aber scheinbar nur noch begehrenswerter. Jedenfalls sind die Verkaufszahlen der M-Performer seit den 2010er Jahren auf Rekordjagd. Vielleicht liegt dies aber auch daran, dass BMW inzwischen fast jede Baureihe durch mindestens einen leistungsstarken M-Renner anreichert, vom kompakten M135i bis zum BMW XM in Vollfettstufe mit 550 kW/750 PS als erstem eigenständigem M Modell seit dem M1. Über 160.000 Einheiten liefert die M GmbH mittlerweile jedes Jahr aus. Damit M auch nach dem Gold-Jubiläum einer der begehrtesten Buchstaben im Automobil-Alphabet bleibt, gibt es bereits Stromer wie den i4 M50, die in die Zukunft blitzen.

Fotos: BMW

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