Walter Röhrl: Gratulation zum 75.!

Für die meisten Zeitgenossen zwischen Flensburg und Garmisch ist er einfach nur Deutschlands bekanntester Autofahrer. Für seine Fans und Bewunderer aber ist er nichts anderes als der „beste Rallyefahrer aller Zeiten.“ Fest steht nur eines: Der gebürtige Regensburger hat sich schon zu seinen Lebenszeiten Legendencharakter über die Generationen hinweg erworben. Seine Glanzzeiten als zweimaliger Rallye-Weltmeister (1980 und 1982) sowie als viermaliger Sieger der legendären Rallye Monte Carlo mit vier verschiedenen Marken (Opel, Fiat, Lancia und Audi) liegen teilweise mehr als 40 Jahre zurück. Und dennoch hat er mehr Autogrammpost und Selfie-Wünsche in der Öffentlichkeit als die meisten aktuellen deutschen Motorsportler. Heute wird Walter Röhrl 75 Jahre alt.

Dass dieser Mann mit seinem dreiviertel Jahrhundert „auf dem Buckel“ irgendwann einmal an einem Kurs von ADAC oder Polizei mit dem Thema „Senioren am Steuer“ oder „Führerschein und Fahreignung im Alter“ teilnehmen könnte, ist irgendwie schwer vorstellbar. An seinem sogenannten „Ehrentag“, so hat er jüngst durchblicken lassen, wolle er mit seiner Frau eine Ski-Tour machen um dem ganzen Rummel um seine Person an diesem Tag zu entfliehen. Denn der eher schweigsame Mann aus der Oberpfalz ging schon zu seinen besten Zeiten den eigenen Siegerehrungen am liebsten aus dem Weg.

Wer sich, und sei es nur ein wenig, für das Thema Motorsport in seinen vielschichtigen Facetten interessiert, wird das, was Röhrl auf den Wertungsprüfungen, den Bergstrecken und Rundkursen dieser Welt in den Asphalt gehämmert hat, ohnehin verinnerlicht haben.

In den 1980er Jahren fieberten die Röhrl-Fans der „Mutter aller Rallyes“ und der „Nacht der langen Messer“ über den Col de Turini entgegen wie einst einem Boxkampf mit Muhammed Ali. Zu Zehntausenden machten sie sich auf den Weg Richtung französische Seealpen. Sie schliefen in Campingbussen oder auf den Rücksitzen ihrer Autos, weil die Pensionen zur „Monte-Zeit“ ausgebucht waren. Grasse, Menton, St. Raphael, die gesamte Haute Savoie wurden zu Wallfahrtsorten des Rallyesports.

Der so Verehrte hatte es einmal so formuliert: „Ich weiß, dass ich eine besondere Gabe habe, aber das macht mich noch lange nicht zu einem besonderen Menschen.“ Für seine Fans nahm er sich immer Zeit ohne Ende. Es sei „auch eine Frage des Anstands, jedem ein ordentliches Autogramm zu geben und nicht einfach irgendwas dahin zu sudeln.“

Röhrl schrieb auf alles, was ihm hingehalten wurde: Auf Plakate, Modellautos, Schirmmützen, Handschuhe, Jacken. Einfach alles. Legendär ist die (wahre!) Geschichte, wonach ihm ein Autoverrückter Vater sein Baby hinhielt und der völlig perplexe Rallye-Künstler tat, worum er gebeten wurde: Der junge Erdenbürger bekam einen Walter-Röhrl-Schriftzug auf seine Pampers. Die Menge johlte. Und Papa strahlte.

Nicht nur seine sportlichen Erfolge, sondern auch sein persönliches Verhalten sieht er mit als Grund für den Respekt, der ihm entgegen gebracht wird: „Ich habe ja keine anderen Autos gefahren als die Leute selbst. Opel, Fiat, Lancia, Audi. Nur waren die meinen halt rallyemäßig zu Hochleistungssportlern geworden. Und ich habe mich immer an die Regeln gehalten. Ich hab nirgendwo „die Sau rausgelassen“. Und ich sage auch heute noch jedem Fan: Mach nix mit Deinem Auto auf der Straße, was Du nicht kannst und was Du nicht verstehst.“

Davon kann bei Röhrl keine Rede sein. Der Mann ist seit 1993 Porsche-Versuchsfahrer und gleichzeitig Porsche-Markenbotschafter und Repräsentant. In Zukunft möchte er nach eigenem Bekunden „mehr Zeit haben, meine alten Autos zu bewegen.“ Der Terminkalender für 2022 ist allerdings schon ausgebucht. Und daran wird sich vermutlich mit 75 Jahren und mehr nichts mehr ändern!

Fotos: Archiv Jürgen C. Braun

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