BMW: 60 Jahre 1500 bis 2000 tii

Waren es in den 1950ern die gefragten Winzlinge wie Isetta und 600 sowie die von Michelotti eingekleidete 700-Familie, mit denen BMW die Verluste durch die wenig populären Prachtkarossen BMW 501/502 ein klein wenig kompensierte, gelang den Münchnern der nachhaltige Neustart aus ihrer desaströsen Finanzlage mit den Vierzylindern der „Neue-Klasse-Familie“. Den sensationellen Erfolgsträger, der sich hinter den simplen Typencodes BMW 1500 (ab 1961), 1800 (ab 1963), 1600 (ab 1964) und 2000 (ab 1966) verbarg, feierten die Bayern 1972 mit der Eröffnung ihrer 101 Meter hohen Firmenzentrale, die in „Vierzylinder“-Architektur zu den Wahrzeichen von München avancierte.

In jenem Jahr übergaben die Neue-Klasse-Limousine nach über 350.000 verkauften Einheiten den goldenen Staffelstab an die erste Generation des BMW 5ers. Nicht ohne zuvor, im Jahr 1966, die BMW 02-Serie als Urvater aller kompakten Dynamiker und damit auch des BMW 3er initiiert zu haben. Auch die Coupés BMW 2000 C/CS von 1965 sind Kinder der Neuen Klasse, mit der BMW die frisch entdeckte Plattformstrategie – vorläufig noch Baukasten-System genannt – ins Premiumsegment übertrug. Von Anfang an dabei übrigens der berühmte Hofmeister-Knick, jenes markante Designdetail in der C-Säule, das der 1500 in Großserie brachte.

Zugegeben, am Anfang, in erster 1,5-Liter-Ausbaustufe zeichnete sich die aus Prototypen eines bereits in den 1950er geplanten sogenannten Mittelwagens hervorgegangene Neue Klasse noch nicht durch übermäßige Vehemenz aus. So viel Vmax wie möglich, diese Formel galt dann aber für die ab Herbst 1963 folgenden Modelle 1800 und 1800 TI auf Straße und Strecke. Mit 66 kW/90 PS bzw. 81 kW/110 PS Leistung waren die Vierzylinder-Viertürer schneller als viele Sechszylinder-Limousinen. Wem das noch nicht genügte, der bestellte entweder einen BMW 1800 TI mit „Alpina-Anlage“ und 92 kW/125 PS Leistung oder die Wettbewerbsversion 1800 TI/SA. Das auf 96 kW/130 PS (im Motorsport bis 136 kW/185 PS) erstarkte Triebwerk machte die Limousine in Tests rund 200 km/h schnell – und zum Schrecken früher Porsche 911-Piloten. Motorsportlorbeer sammelte die Neue Klasse vor allem unter der Rennsportlegende Hubert Hahne: Gesamtsieg beim 12 Stunden-Rennen auf dem Nürburgring 1964, Deutscher Rundstreckenmeister 1964, Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Spa 1966 und erste Nürburgring-Nordschleifenzeit für Tourenwagen von unter zehn Minuten lauteten die frühen Triumphe. Die robusten Triebwerksblöcke des Vierzylinders machte der legendäre Motorenentwickler Paul Rosche sogar fit für die Formel 1: 1983 dienten sie als Basis für den 588 kW/800 PS starken 1,5-Liter-Turbo, mit dem Nelson Piquet auf Brabham-BMW die Weltmeisterschaft gewann.

Ab 1966 forderte das frisch lancierte Topmodell BMW 2000 zum Leistungsmessen. Dies mit einem Motor, der dank fünffach gelagerter Kugelwelle mit acht Gegengewichten über eine viel gelobte Laufkultur verfügte. Optisch gab sich der mindestens 74 kW/100 PS bzw. mit Einspritzung bis 96 kW/130 PS leistende Typ 2000 im Rückspiegel an Rechteck- statt Rundscheinwerfern zu erkennen. Feine Details, die genügten, um BMW in der automobilen Schickeria zu etablieren, denn nun setzten auch Sportidole wie der deutsche Fußball-Nationalspieler Berti Vogts ebenso auf die Vierzylinder der Zwei-Liter-Klasse wie der damalige TV-Kult-Ermittler Keller in „Der Kommissar“. Und der brasilianische Fußball-Superstar Pelé lobte sogar die Coupé-Variante BMW 2000 CS werbewirksam als „schnellen Stürmer unter den Automobilen“. Allerdings war es auch das Coupé, das schon 1969 durch den 2800 CS abgelöste wurde und so den goldenen Sonnenuntergang für die Neue Klasse ankündigte. Drei Jahre später war es so weit: BMW 5er versus Mercedes Mittelklasse lautete das neue Duell.

Fotos: BMW

 

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