Im verhandelten Fall hatte ein Ferrari-Fahrer geklagt, der sich von einer Raststätte kommend beim Auffahren auf die Autobahn vor einen Lkw gesetzt hatte. Da zu diesem Zeitpunkt Stau auf der rechten Spur herrschte, blieb er dort stehen. Zuvor hatte er die durchgezogene Linie, welche die Beschleunigungsspur im vorderen Bereich von der rechten Fahrspur trennte, überfahren. Der Lkw-Fahrer fuhr auf den Ferrari auf. Der Ferrari-Fahrer erhob wegen der Unfallfolgen Klage auf Zahlung von Schadensersatz. Das Landgericht Lüneburg gab der Schadensersatzklage zu 75 Prozent statt. Dagegen legten beide Parteien Berufung ein.
Das Oberlandesgericht Celle entschied zu Gunsten des Beklagten. Das Vorfahrtsrecht gelte auch dann, so die Richter, wenn auf der bevorrechtigten Fahrbahn Stau herrsche. Denn das Wort „Vorfahrt“ aus Paragraf 18 Abs. 3 StVO leite sich nicht aus einer Bewegung („fahren“) ab, sondern aus einem „Vorrecht“. Die Richter sahen zudem kein Verschulden des Lkw-Fahrers: Dieser dürfe darauf vertrauen, dass sich ein Fahrzeug nicht direkt in den nicht einsehbaren Bereich setzt. Er müsse nicht vor jedem kurzfristigen Anhalten im Stop-and-go-Verkehr den Bereich rechts vorne neben seinem Lkw überprüfen. Die Mithaftung der Beklagten in Höhe von 25 Prozent ergebe sich aus der Betriebsgefahr des Lkw, so das Oberlandesgericht.
Quelle: RA Online