Für die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) wird in der Verurteilung die Bedeutung des Messprotokolls bei der Geschwindigkeitsmessung deutlich. Betroffene müssten auf deren Richtigkeit vertrauen dürfen. Die Messungen dürften nun auch nicht mehr allein von privaten Dienstleistern durchgeführt werden.
Der selbstständige private Dienstleister im Bereich Geschwindigkeitsmessungen stellte Messgeräte auf, führte die Messungen durch und nahm eine Vorauswertung vor. Dafür erhielt die Firma eine Zahlung „pro verwertbarem Fall“.
Heute sind Verkehrsüberwachungen durch Private unzulässig. Nach der ersten Entscheidung zur Unzulässigkeit der Überwachung durch Private wollten der Dienstleister und der Sachgebietsleiter eines Ordnungsamts, zuständig für Verkehrsüberwachung, weiter zusammenarbeiten. Der Ordnungsamtsmitarbeiter versprach sich aufgrund der Vielzahl der Bußgeldverfahren eine Höhergruppierung. Der Dienstleister wollte die lukrative Geschäftsbeziehung fortsetzen.
Sie vereinbarten die Fortsetzung des Vorgehens mit der Abweichung, dass der Ordnungsamtsmitarbeiter dem Dienstleister ein von ihm blanko unterschriebenes Messprotokoll übergab. Dieses kopierte der Dienstleister und füllte es bei Einrichtung der jeweiligen Messstellen aus. Damit wurde dem betroffenen Fahrer, der Behörde und den Gerichten gegenüber der Eindruck erweckt, dass der Sachgebietsleiter als Ortspolizei die Messung durchgeführt hatte. Im Weiteren wurden die Messungen digitalisiert und in elektronischer Form weiterverarbeitet. Auf dieser Grundlage erging eine Vielzahl von Buß- und Verwarngeldern.
Das Landgericht Kassel verurteilte den Mitarbeiter des Ordnungsamts wegen Falschbeurkundung im Amt in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung. Sein „Partner“ wurde wegen Beihilfe zu einer Gesamtgeldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 65 Euro verurteilt. Gegen die Entscheidung legten beide Männer Revision ein.
Jedoch ohne Erfolg: Das Oberlandesgericht Frankfurt bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Die Messprotokolle bei Geschwindigkeitskontrollen sind öffentliche Urkunden im Sinne des Strafrechts, so das Gericht. Sie dienten dazu, Beweiskraft für und gegen jedermann zu erbringen. Die Verkehrsüberwachung und Sanktionierung bei Verstößen seien hoheitliche Kernaufgaben. Daher müssten die Messprotokolle von einem Hoheitsträger im Rahmen seiner Zuständigkeit erstellt werden. Gerade bei Massenverfahren komme es auf ein inhaltlich zutreffendes und ordnungsgemäß erstelltes Messprotokoll an.
Die hohe kriminelle Energie der beiden Angeklagten rechtfertige daher die Verurteilungen. Die Richtigkeit des Inhalts einer öffentlichen Urkunde sei besonders geschützt, da nur dort der Inhalt für und gegen jedermann wirke.
Von dem falschen Messprotokoll Betroffene haben gute Chancen, dagegen vorzugehen, so die DAV-Verkehrsrechtsanwälte.