Gegründet haben sie sich 1978 in der DDR. Junge Musiker, alle Mitte 20, nennen sich „Familie Silly“. Frontfrau Tamara Danz erwirbt sich recht schnell den Ruf einer „Tina Turner des Ostens“. Etwas unglücklich gewählt, wie die meisten solchen Vergleiche, aber auch treffend. Allein: Danz und Turner ist eine Ähnlichkeit der Stimmen nicht abzusprechen. Und: So wie die US-amerikanische Sängerin hat das „Pendant“ zu der Zeit auch zu kämpfen. Doch während Tina Turner sich aus einer katastrophalen Ehe befreit und als Solistin erst wieder Fuß fassen muss im Business, heißt Danz‘ Herausforderung „Regime“. Zu gerne hätte dieses Regime es gehabt, aus den jungen Wilden sozialistische Vorzeige-Wilde zu machen. Bisschen flippig im Aussehen, aber inhaltlich linientreu. Bloß spielen Silly – das „Familie“ haben sie aus dem Bandnamen gestrichen – nicht mit. Ein LP-Cover muss auf Druck „von oben“ geändert werden, der Inhalt der Plattenhülle bleibt und kommt auch so in den Verkauf: Offen frech oder auch in verstreckten Wortspielen subversiv. Nach dem Motto: Ein Text ist so frech, wie ihn derjenige findet, der ihn deutet … die Band bleibt sich treu, und das tut sie mit großem Talent.
Dieses Talent spielen Danz & Co. auf „Hurensöhne“ nochmals geballt aus, dann erfordert Tamara Danz‘ Krebserkrankung eine Zäsur. Danz nimmt als Silly-Frontfrau noch ein letztes Album auf, das sich mit Titeln wie „Asyl im Paradies“ deutlich weicher anhört als die Klassiker wie „Mont Klamott“ oder „Hintenvorn“. Nach Danz‘ Tod 1996 gibt es eine sehr lange Bandpause, bis ihnen – mit Anna Loos – ein fulimantes Comeback gelingt.
Loos ist nicht Danz, Anna kann und will keine „Tamara 2.0“ sein. So ändert sich der Stil der Band, behutsam, vor allem natürlich passend zur neuen Frontfrau. Die Fangemeinde diskutiert, zuweilen sehr heftig – das jüngste Album „Wutfänger“ polarisiert. Vor allem die Fans des langjährigen Silly-„Haustexters“ Werner Karma vermissen dessen Handschrift in den Texten zum Album schmerzlich. Karma war schon früher nicht mehr für die Band tätig gewesen, kam dann wieder zurück … so geht die Band mit der wechselvollen Geschichte in ihr fünftes Jahrzehnt. Was bisher war, dokumentieren die beiden CDs sehr gelungen. Zum Wesen des Rock gehört ja, dass er polarisiert – nur wird das bei vielen CDs anno 2019 nur zu gerne vergessen oder zugunsten guter Verkaufszahlen als Prinzip aufgegeben.
Silly: Zehn. Vol. 1 und Vol. 2 (Sony)