Wir erinnern uns: Nach einer langen Laufbahn als Räuber, nach diversen Aufenthalten im Spritzenhaus (das in seinem Dorf als Gefängnis diente) und im Gefängnis der nächstgelegenen Stadt war Hotzenplotz diese Art des Broterwerbs leid. Nachdem er Kasperl und Seppel davon überzeugt hatte, tatsächlich geläutert zu sein, stand der Plan für ein neues Leben: Ein Wirtshaus – denn der bärtige Zottel mit dem unverwechselbaren Hut konnte exzellent kochen. Wasti, Witwe Schlotterbecks geliebter Dackel, hatte seine eigentliche Körperform wieder, der missglückte Zauberversuch seines Frauchens (der ihn zu einer Art Krokodil machte) war zum Glück Geschichte.
So weit, so bekannt. Aber alles haben wir vom Hotzenplotz doch noch nicht gewusst. Im Nachlass des 2013 verstorbenen Schriftstellers gibt es ein weiteres Abenteuer – aus den Anfängen der Räuber-Laufbahn. Geschrieben als Puppenspiel, hat es die Tochter, Susanne Preußler-Bitsch, zu einer Geschichte geformt. Hotzenplotz 4 gewissermaßen – dieser Titel käme bloß mit der Chronologie nicht hin.
Egal. Spaß macht die Entdeckung so oder so. Eigentlich wollten Kasperl und Seppel von Großmutter bloß ihre superfeine Schwammerlsuppe (hochdeutsch: Pilzsuppe) haben. Mit Knödeln. Aber vor die Zubereitung und den Genuss hat das Leben in diesem Fall nun mal die Suche im Wald gesetzt. Und die wird jäh schon im Ansatz unterbrochen durch, ja, richtig, Wachtmeister Dimpfelmoser. Hotzenplotz ist wieder mal ausgebüxt. Heißt: Die Bevölkerung bleibt zuhause – sicher ist sicher. Und verzichtet erst mal auf das erwartete Mittagsmahl.
Um das Problem ein für alle Mal zu lösen und das Dorf von der ständigen Räuber-Gefahr zu befreien, wollen die zwei ihn ganz einfach auf den Mond schießen. Was daraus wird, sei zum Nachlesen wärmstens empfohlen!
Es wäre grob unredlich, diese Rezension abzuschließen ohne ein dickes Lob für Thorsten Saleina: Er hat dem wiederentdeckten Räuber-Abenteuer Illustrationen mitgegeben, die sich erkennbar am Stil von Franz-Josef Tripp (1915-1978) orientieren. So ist das Buch auch zeichnerisch eine gelungene Hommage an eine Figur, die ganze Generationen von Kindern begleitet hat und Leser(innen) ab 6 bis heute unverändert begeistert.
Otfried Preußler: Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete. Thienemann Verlag; 12 Euro.