Unvergessen ist seine Reaktion auf eine Reporter-Nachfrage: Per Mertesacker stand der Schweiß noch sichtlich auf der Stirn. Ebenfalls – verständlicherweise und sichtlich – abgekämpft, blieb er die erbetene Analyse zum Spiel Deutschland-Algerien schuldig und teilte auch nicht die Einschätzung des Interviewers, das Spiel sei schwerfällig gewesen. Gewonnen und weitergekommen, das zählte erst mal, Minuten nach dem Abpfiff, bei der Fußball-WM 2014. Punkt.
Klare Kante: So zeigt sich Per Mertesacker auch in seiner Biographie, die schon im Titel seine Fähigkeit zur Selbstironie offenbart. Unglaublich, aber wahr: Schon in jungen Jahren wurde dem späteren Profi gleich mehrfach bescheinigt, als Fußballspieler völlig talentfrei zu sein. Was ihn erst mal verunsichert hat, aber eben nicht auf Dauer.
Entsprechend zeigt sich der knapp zwei Meter große 33-jährige, der auch offen über die Probleme mit enormen Wachstumsschüben in der Kindheit schreibt, in seinen Beschreibungen: Ohne Arbeit und Ehrgeiz lief nichts. Wunder mag es geben, auf sie vertrauen sollte man besser nicht. Dem Weltmeister von 2014 sind Allüren aller Art offenbar völlig fremd. Aufgewachsen mit Geschwistern, sicher kein Musterknabe – das alles liest sich flüssig und mit Vergnügen. Gerade weil über lange Strecken unspektakulär – und herrlich norddeutsch-trocken.
In Pattensen bei Hannover hat eine große Karriere begonnen. Mutters Apfelkuchen ist nicht ganz schuldlos daran, Mirko Slomka auch – dessen Part kam allerdings später. Vielleicht ist aber auch entscheidend, wie unverkrampft Mertesacker letztlich mit seinem Sport umgeht. Warum er sein Leben außerhalb des Leistungssports nie aus den Augen verloren hat, liegt wiederum in der Familie begründet.
Per Mertesacker: Weltmeister ohne Talent. Mein Leben, meine Karriere. Ullstein Verlag (extra); 20 Euro.