Buchtipp – Berres/Merlot: Mythos oder Medizin

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Jetzt schwirren sie wieder besonders eifrig durch die Gegend – jene Erreger, die man sich einfängt und am Ende einen satten Schnupfen davonträgt. Du gehst gesund abends zu Bett und wachst morgens krank auf – so hat das mir einmal eine Arzthelferin in der Praxis eines Hals-Nasen-Ohren-Arztes erklärt.

Und nun? An Hausmittel-Empfehlungen für solche – und andere – Krankheitsfälle mangelt es nicht. Schon die Oma hat in dem Fall dies oder das gemacht, und die hat das wiederum von ihrer Mutter übernommen…die Zwiebeln gegen den fiesen Erkältungsschmerz, die Cola mit den Salzstangen gegen den lästigen Alarm im Darm, den Wadenwickel (brrr, wie kalt) gegen Fieber.

Allein: Wie steht es um die belegte Wirksamkeit all solcher Hausmittel? Die Autorinnen haben genau das untersucht, nach vorhandenen Studien geforscht, Mediziner befragt und alles ausgewertet. Das ist auch insofern begrüßenswert, als gerade die Hausmittel(chen) von der etablierten Medizin lange belächelt wurden. Ok, als die Autorinnen geboren wurden (1986 und 1988), setzte so langsam ein Umdenken ein.

Sehr lesenswert ist, was die Auswertung des früher Belächelten ergibt. Manches ist tatsächlich Mumpitz, von dem keiner mehr so richtig weiß, wie er entstanden ist und wie er sich so lange halten konnte. Anderes wiederum hat seinen Sinn. Wenn Sie etwa die lästige Schniefnase im Griff hat – keine falsche Scham vor einem ordentlichen Nieser! Das Unterdrücken schädigt zwar keine anderen Organe, aber das ausgiebige Trompeten reinigt die oberen Atemwege. Vereinfacht: Der Körper schmeißt raus, was er nicht gebrauchen kann. Nasentropfen sind allenfalls Unterstützung für den nützlichen Reflex. Das gilt auch für die alkoholische Dreingabe wie Ouzo oder Raki bei sehr mächtigen Speisen im Restaurant. Die schmecken gut und machen Laune – verdauungsfördernd sind aber andere Getränke, etwa ein Sherry oder ein Pils. Nicht wegen des Alkohols, sondern – infolge der Bitterstoffe.

Überhaupt zielen alle der in ihrer Wirksamkeit belegbaren Mittel(chen) darauf ab, die an sich intelligent konstruierten Mechanismen des Körpers zu unterstützen. Erst wenn er das krankheitshalber nicht mehr schafft, mag die massive medizinische Nachhilfe ein Segen sein. Und manche Unterstützung der körpereigenen Polizei wird Sie beim Lesen erst mal zum Kopfschütteln verleiten. Erst mal. Zum Beispiel werden Sie nach der Lektüre die zur Maschinenwäsche im Wäschekorb deponierten Socken mit mehr Respekt sehen als bisher. Versprochen!

Irene Berres/Julia Merlot: Mythos oder Medizin? Heyne Verlag; 8,99 Euro.

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