Buchtipp – Paul Maar: Ein Porträt zum 80sten

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Auf die Lesung mit ihm hatte ich mich Wochen vorher gefreut. Die Freude kämpfte freilich mit Nervosität, und zwischen beiden stand es immer Unentschieden. Denn Paul Maar, so die Ankündigung, war nicht nur Schriftsteller, sondern auch Kunsterzieher. Und mit letzteren hatte ich so meine Probleme: Ihr Urteil über meine Kunstwerke fiel meist vernichtend aus. Zu Recht, denn das lag mir einfach nicht. Aber beim Erteilen der wenig schmeichelhaften Noten hätten sie ruhig ein wenig freundlicher gucken können. Würde mich vielleicht auch an dem Nachmittag der strenge Blick des ungnädigen Lehrers treffen? Oder erwartete mich eine Zeit, die wie im Flug vorbeigehen würde?

Genau so kam es. Paul Maar, der damals – 1977 – in unsere Stadtbibliothek kam, guckte nicht nur freundlich, er war auch so. Und den Lehrerberuf hatte er kurz zuvor zugunsten des Schreibens an den Nagel gehängt. Nun also stand er vor uns Kindern, er las, er spielte mit uns, bezog uns ein – ganz so, wie es sein damals frisch erschienenes Buch Onkel Florians fliegender Flohmarkt auch tat. Ab genauso hat uns damals das Sams begeistert, dieses von Grund auf, aber oft aus gutem Grund respektlos auftretende Wesen mit den roten Haaren und den Wunschpunkten im Gesicht. Damals gab es nur ein Buch mit ihm – Eine Woche voller Samstage. Unvergessen die Szene, in der das Sams sich selbst und Herrn Taschenbier – seinen Papa – auf spezielle Weise an einem schnöseligen Kellner revanchiert, der sie in seinem Nobelrestaurant despektierlich abblitzen ließ. Immerhin, das darf man vermuten, blieb beiden dadurch etwas erspart: Viel Geld ausgeben für sehr überschaubare Portionen von bescheidener Qualität, aber wohlklingenden Namen. Die Stunden vergingen ruckzuck, und wir standen anschließend brav an für ein Autogramm.

Paul Maar ist ein Geschichtenerzähler par excellence. Das Sams darf längst als sein Hauptwerk gelten. Aber auch Lippels Traum muss man exemplarisch nennen, ebenso Andere Kinder wohnen auch bei ihren Eltern und Kartoffelkäferzeiten. Beim Sams kann man sich bisweilen vor Lachen kugeln – aber Paul Maar erzählt auch davon, dass Kinder oft genug eben auch nichts zu lachen haben.

Heute umfasst sein Werk auch Theaterstücke und Verfilmungen – als Sams ist Christine Urspruch nicht weniger bekannt denn als Gerichtsmedizinerin Alberich in den Münsteraner Tatort-Krimis. Mit Türme hat er 1987 ein Sachbuch veröffentlicht, das ein an sich eher trockenes Thema so spannend aufbereitete, wie er es auch mit anderen Themen versteht.

In Interviews hat er sich oft auf seine eigene Kindheit berufen, in der es ihm oft nicht gut ging. Dabei ist er lebenslang offenbar ein realistischer Optimist geblieben. Seine Kinder Anne Maar und Michael Maar sind längst in die Fußstapfen des Vaters getreten. Und der wird am 13. Dezember 2017 80 Jahre alt. Nicht zu fassen, aber Fakt. Beim Schreiben dieser Gratulation sehe ich noch den knapp Vierzigjährigen vor – damals in der Stadtbibliothek. So schüchtern wie damals, Herrn Taschenbier darin recht ähnlich, bin ich wohl nicht mehr. Aber ein Sams mit Wunschpunkten hätte ich schon gerne hin und wieder noch. Zum Beispiel, wenn ich mich im Restaurant über kleine Portionen, große Preise und hochnäsige Keller ärgere…

Text: Roland Bernd
Foto: Friedrich Oetinger Verlag

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