Ich erinnere mich noch sehr gut an einen Salatteller, der mir vor einigen Jahren in einem Restaurant begegnete: Wie auf der Speisekarte versprochen, war er reichlich wie eine komplette Mahlzeit. Ungewöhnlich allerdings waren die Keimlinge, die obenauf thronten und mehr waren als eine bloße Garnierung. Einige davon konnten es schärfemäßig problemlos mit jenem Wasabi aufnehmen, der anderswo vor allem zu Sushi serviert wurde, weitaus mehr auf chic getrimmt.
Vorbei die Zeiten, in denen gerne belächelt wurde, wer Getreide und andere Saaten durch Keimen nicht nur vitalstoffreicher machen wollte, sondern auch auf die Geschmacksverbesserung neugierig war. Vorbei die Zeiten, in denen Gekeimtes als gesund galt, aber eben auch so genussversprechend wie ungewürzter Haferschleim oder verdünnter Schwarztee.
Barbara Rias-Bucher, seit über 30 Jahren Expertin darin, gesunde Sachen lecker zuzubereiten und das auch noch verständlich niederzuschreiben, zeigt in 45 Rezepten, was sich aus dem knackigen Saatgut alles machen lässt: Suppen und Gemüse lassen sich ebenso verfeinern wie die klassischen Butterbrote, Puffer und eben Salate. Und für die Avocadocreme und den Lachs kann man sich getrost auch Besucher einladen, die als mäkelige Esser berüchtigt sind. Sogar in Kekskuchen und Apfelkuchen finden die kleinen Kraftwerke Verwendung, deren Vitalstoffgehalt nach dem Keimen lange erwiesen ist. Und wagen Sie sich ruhig mal ans Porridge mit Hanf. Berauschend wirkt es nicht, jedenfalls nicht illegal, und die Extrazutat macht aus einem Frühstücksgericht eine Delikatesse, das in seinem Heimatland Großbritannien durchaus gerne mal als Langweiler gilt, den wohlmeinende Eltern dem Nachwuchs kredenzen, auf dass die nächsten Noten besser werden…
Bleibt noch die Frage: Wie kommt man an all die Zutaten von Alfalfa bis Quinoa und ist das teuer? Klare Antwort: Teuer ist es nicht, ein wenig Zeit und Aufmerksamkeit müssen aber sein. Spezielle Keimapparate sind ein Kann, aber kein Muss, das funktioniert auch mit dem Geschirr, das man eh zu Hause hat. Hat man aber Spaß am Selberziehen gefunden, spricht nichts dagegen, sich zum nächsten Anlass einen Keimapparat schenken zu lassen – statt des gefühlt hundertelften Stehrumchens …
Im Mittelpunkt des handlichen Büchleins stehen die durchweg feinen Rezepte, die nötige Theorie gibt's dazu. Wer Spaß am Experimentieren hat und gerne mal neue Rezepte ausprobiert, kommt hier auf seine Kosten.
Barbara Rias-Bucher: Keimlinge und Sprossen. Vitamine und Mineralstoffe von der Fensterbank. Mankau Verlag; 8,99 Euro.