Auf Gartenreise zu gehen, ist ein Vergnügen, dem sich Gärtnerinnen und Gärtner verschreiben. Aber nicht nur sie: Inzwischen reisen naturbegeisterte Städter, Inhaber handtuchgroßer Parzellen, Balkone und Terrassen sowie all jene, die die Schönheiten alter Schloss- und Klostergärten ebenso zu schätzen wissen, wie die liebevollen Arrangements privater grüner Rückzugsorte oder die fantasievollen neuen urbanen Gartenräume.
Mit dem kürzlich erschienenen Buch der Autorin Kirstin von Glasow „111 Gärten in London, die man gesehen haben muss“ können sich gartenbegeisterte Reisende auf kurzweilige Weise auf Gartenbummel durch die Metropole des Inselreiches begeben. Dabei führt die Autorin ihre Leserschaft natürlich zu den weltweit berühmten Orten der englischen Gartenkunst, wie etwa Kew Gardens, Richmond Park, Regents's Park, Chelsea Physic Garden, Kensington Gardens oder Chiswick House. Zugleich flaniert sie durch kleine malerische Oasen, die sich im Großstadttrubel behaupten konnten, wie der im Stadtteil Bloomsbury gelegene Queen Square Gardens. Oder sie entdeckt grüne Refugien, wie St Mary’s Secret Garden, der als Gemeinschaftsprojekt die therapeutische Wirkung gärtnerischer Arbeit erfahrbar werden lässt. Selbstverständlich stellt sie das in diesem Frühjahr wiedereröffnete Garden History Museum samt Garten mit den Grabstätten der berühmten Gärtner und Pflanzensammler Vater und Sohn John Tradescant vor. Kirstin von Glasow spaziert leichtfüßig und kenntnisreich und erzählt in ihren 111 Gartenbeiträgen so manches, was die besuchten Gärten als Orte kulturgeschichtlicher Ereignisse charakterisiert. Was nicht bedeutet, dass sich Bemerkenswertes allein im 16. oder 18. Jahrhundert zugetragen hätte. So lernt der kulturinteressierte Gartenfan unversehens den Drehort für zwei Musikvideos der Beatles kennen. Die Autorin erweist sich als profunde Kennerin der Kulturgeschichte und ist zugleich eine ambitionierte London-Flaneurin. Denn bevor es sie in die Metropole zog, wo sie heute lebt und als Autorin von Drehbüchern, Kurzfilmen und als Organisatorin von Ausstellungen arbeitet, studierte sie Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte. Man spürt ihre Liebe zu dieser vielgestaltigen Stadt, bestaunt ihr breites Wissen und bewundert, wie sie ihre Gartenporträts so stimmig auf eine Textseite bannen konnte. Manchmal gerät sie richtig ins Schwärmen und man wünschte, sie hätte ihrem Erzähldrang freien Lauf lassen können.
Der Gartenreisebegleiter ist recht handlich, gut lesbar und in Kombination von je einer Textseite zu einer Fotoseite klar strukturiert. Jeder Beitrag beinhaltet Zusatzinformationen mit Adressen, Öffnungszeiten, Anfahrtsbeschreibungen und einem besonderen Tipp der Autorin. Da die Beiträge nummeriert sind, lassen sich die Gärten schnell auf den am Ende des Buches befindlichen London-Karten finden, sodass der Besuch nahe gelegener Parks und Refugien gut zu planen ist. Parallel zu dieser in Deutsch abgefassten Ausgabe erschien ebenso eine englische Version. Das Buch ist eine lesenswerte Ergänzung zu den klassischen London-Reiseführern und weckt die Neugier, diese Stadt mal von der grünen Seite kennenzulernen, bevorzugt abseits der großen touristischen Sehenswürdigkeiten. Auch Kennern der Londoner Gartenszene sei es empfohlen, da es weniger bekannte Gartenräume präsentiert und dazu einlädt, auf Entdeckungstour durch die verschiedenen Stadtviertel aufzubrechen.
Kirstin von Glasow: 111 Gärten in London, die man gesehen haben muss. Emons Verlag; 16,95 Euro