Morgens um sieben war die Welt in dem kleinen Hochwald-Dorf Gusenburg, gelegen im Dreiländereck zwischen Deutschland, Frankreich und Luxemburg entgegen der Roman-Vorlage des Bestsellers von Eric Malpass so gar nicht mehr in Ordnung. Denn nur kurze Zeit, nachdem die Hähne den nahenden – in diesem Falle sehr gewittrigen und schwülen – Sommertag verkündeten, rückte mit viel Getöse das Team des Hyundai Shell World Rallye Teams an.
Mit jeder Menge Equipment, mit drei Kleinbussen, einem Vorzelt zum Arbeiten an dem ebenfalls mitgebrachten World Rallye Car i20 WRC. Mit jeder Menge Serviceleuten und vor allem mit dem Mann, um den sich an diesem Tag alles drehen sollte: Mit dem Belgier Thierry Neuville, Profi in Diensten des WRC-Teams des südkoreanischen Autobauers.
Rund zwei Wochen vor dem Start zum deutschen Lauf zur Rallye-Weltmeisterschaft (18. – 20. August), der an der Mosel, auf einem Truppenübungsplatz im Hunsrück sowie auf schnellen asphaltierten Straßen im Saarland ausgetragen wird, testen die in der Rallye-Weltmeisterschaft vertretenen Teams auf den Straßen rund um den Ort des Geschehens ausgiebig.
Dazu gehören die Werksmannschaften von Ford (M-Sport), Hyundai, Citroën und Toyota sowie die Teams der WRC2, die direkt hinter den WM-Teams ihre eigene Wertung fahren. „Wir müssen den Teams bis zu zehn verschiedene Möglichkeiten auf unterschiedlichen Belägen vor dem deutschen WM-Lauf anbieten“, erklärt Günter Jung, der Orga-Leiter des ADAC Saarland, das Procedere im Vorfeld.Für das kleine Dorf im Hochwald, auf halber Strecke zwischen Trier und Saarbrücken gelegen, war der Auftritt des Hyundai-Teams auf den abgesperrten Strecken rund um das Dorf natürlich ein Erlebnis. Mitten in der Ferienzeit hatten die Kinder schulfrei. Kein Wunder, dass die meisten Jungen und Mädchen des Dorfers, sowie etliche Fans, die zum Teil sogar aus Belgien angereist waren, während des ganzen Tages um das technische Basislager des Hyundai-Teams versammelt waren und interessiert bei den Arbeiten an dem World Rallye Car zuschauten.
„Ich finde es toll, wenn sich der Nachwuchs für unseren Sport interessiert. Und wenn es unsere Zeit zwischen den Umbauten am Auto mit den verschiedenen Set-Up‘s zulässt, kommen wir auch gerne einmal ins Gespräch“, erklärte der Cheftechniker der Mannschaft, die am Sportplatz des kleinen Hochwald-Dorfes ihr Lager aufgeschlagen hatte. Von dort aus war es nur ein Katzensprung über die angrenzenden Kreisstraße zum Ausgangspunkt der etwa sechs Kilometer langen Teststrecke, auf der Thierry Neuville sich auch von Blitz, Donner und Regen nicht aufhalten ließ. „Wir simulieren hier alle Möglichkeiten. Und die Rallye wird ja auch nicht unterbrochen, nur weil ein Gewitter aufzieht“, meinte der derzeit Führende in der Rallye-Weltmeisterschaft.
In Gusenburg sah man den Auftritt der Rallye-Crew gerne. Denn schon in den Jahren 2010 und 2011 führte auf dem gleichen Gelände ein Teil einer Schotter-Wertungsprüfung am Dorf vorbei. Diesen Belag hat der Weltmotorsportverband mittlerweile untersagt. Dennoch hofft man im Dorf darauf, dass vielleicht eines Tages ein neu ins Leben gerufener Zuschauer-Rundkurs an Ort und Stelle stattfindet und man wieder ein Teil des weltweiten Rallye-Zirkus wird. „Wir würden uns freuen, wenn die Rallye-Weltmeisterschaft noch einmal zu uns käme“, sagt Ortsbürgermeister Josef Barthen. Er und die vielen Bewohner des Dorfes, die größtenteils Mitglieder in den ortsansässigen Vereinen sind, wussten das Gastspiel der WRC schon damals zu schätzen. „Unsere Vereine hatten Imbiss- und Getränkestände aufgebaut. Da kam richtig was in die Kasse bei der Rallye Deutschland.“
Zunächst aber bleibt es einmal bei den Testtagen der WRC-Teams. Und darüber freut man sich im Hochwald fast genau so sehr, als wenn die „richtige“ WM wieder zu Gast wäre.
Text und Fotos: Jürgen C. Braun