Buchtipp – Schweres: Die Abbieger

Beitragsbild
Foto 1

Klaus-Werner Lippermann war ein pflichtbewusster Mensch, der gern in Ruhe gelassen wurde und Kaninchen liebte. Stundenlang konnte Klausi, wie er sich von seiner Mutter ungern rufen ließ, vor dem Stall sitzen, selbst gebaut aus einem alten Kleiderschrank, bei dem er die Holzfüllung der Tür durch stabilen Maschendraht ersetzt hatte. Der Schrank lag auf der Seite, unterfüttert durch Ziegelsteine an jeder Ecke, um den Kontakt zum feuchten Boden zu vermeiden, unter dem nach vorn offenen Holzunterstand. Diesen hatte sein Vater einst aus ein paar Zaunpfählen und alten Dachlatten zusammengezimmert, um Kaminholz und Gartengeräte trocken lagern zu können.

Wer so harmlos ist, kann tatsächlich nur Klausi mit i gerufen werden und leistet sich als Gipfel der Ausschweifungen mal ein Bier. Klaus-Werner Lippermann leistet sich noch ganz anderes – eine Entführung. 209 Stunden im Stau, aufgelaufen in vier Jahren, das ist einfach zu viel vergeudete Lebenszeit für Lippermann, die er lieber anderswie verbracht hätte. Und sei's eben vor dem Stall. Da muss er kurzerhand an denjenigen ran, den er für die Chose verantwortlich hält…

Thomas Schweres kennt die Gegend, über die er schreibt. Das ist offensichtlich. Man kann davon ausgehen, dass er weiß, wie sich so ein Stau mal wieder aufs Nervenkostüm auswirkt. Natürlich ist nicht zur Nachahmung empfohlen, was er seine Romanfigur tun lässt. Auf dem Papier freilich ist das eine Story, die aus der Vielzahl der Krimis herausragt. Mit viel Lokalkolorit, einer Extraportion Spannung und noch mehr Witz.

Thomas Schweres: Die Abbieger. Grafit Verlag; 9,99 Euro.

Scroll to Top