Vor mehr als zweieinhalb Jahren hat Heidi Hetzer sich genau hier auf dem Olympia-Platz in Berlin von ihren Fans verabschiedet. Unter den röhrenden Huptönen ihres Hudson Greater Eight konnte man bald nur noch die Rücklichter des Oldtimers sehen. Heidi war auf dem Weg ins Ungewisse, in ihren großen Traum, endlich tun und lassen zu können, was sie will. Es sollte eine Weltreise werden, nicht immer exakt, aber doch fast immer auf den Spuren ihres Vorbildes Clärenore Stinnes, die 1927 als erster Mensch mit einem Auto wie Welt umrundete. Den 1930er Hudson hatte sie gewählt, weil der dem Adler von Fräulein Stinnes am ähnlichsten war. Ihren fahrbaren Untersatz nannte sie zärtlich „Hudo“ und verglich ihn stets mit einem älteren Herrn.
Und genau hier endete am Sonntag, dem 12. März 2017 die Weltreise; Heidi ist wieder Zuhause in Berlin. Zwei Jahre hatte sie eingeplant, aber letztendlich sind es fast acht Monate mehr geworden. Auf ihrer Weltreise war nicht nur Hudo Unvorhergesehenes passiert, sondern auch Heidi selbst.
Anfang März, als Frankreich und Belgien schon hinter ihr lagen, hätte sie hinter der Aachener Grenze eigentlich auf direktem Weg nach Berlin fahren können. Hätte – aber das wollte sie noch nicht. Einmal, weil sie ihre Rückkehr nun mal auf dem 12. März festgelegt hatte und die vielen Fans, die aus Nah und Fern angereist waren, nicht enttäuschen wollte und zum anderen musste sie so vielen ganz besonders lieben Menschen noch kurz „Guten Tag“ sagen. Zum Beispiel warteten in Essen in der Klinik die Ärzte auf sie, die „unsere“ Heidi nach einem Krebsverdacht wieder hergestellt hatten (Sie erinnern sich: Frau Hetzer hatte ihre Weltreise für fast einen Monat unterbrechen müssen, um sich in Deutschland von einem Arzt ihres Vertrauens operieren zu lassen).
Hudo brauchte nach dieser langen Reise eine neue Hauptuntersuchung für Deutschland, was problemlos über die Bühne ging und worüber nicht nur Fachleute gestaunt haben. Es grenzte ja schon fast an ein Wunder, was die Techniker da geleistet haben! In Nullkommanix konnte Hudo unter den strengen Blicken der Ingenieure ohne Beanstandungen wieder vom Hof fahren.
Heidis letzte Kilometer durch Deutschland waren ohnehin wie ein einziger Triumphzug: Oldtimer-Fahrer hatten sich zusammengetan, um sie unterwegs ein Stück weit zu begleiten. In all den Ländern, die sie auf ihrer Weltreise besuchte, kam Heidi aufgrund ihrer freundlichen, offenen und neugierigen Art sofort in Kontakt zu den Einheimischen und hat unzählige neue Bekannte gefunden. Da gab es nirgendwo einen Mangel an Kontakten, aber die Freunde hier in Deutschland – das war dann doch wieder etwas anderes.
Sie MUSSTE einfach überall nochmal kurz „Hallo“ sagen, zum Beispiel auch in Köln. Sie legte einen Stop am Rathaus und auf der Domplatte ein, immer umringt von Fernseh- und Rundfunkreportern und zahlreichen Fans. Oder in Rüsselsheim, woran als einst größte Berliner Opel-Händlerin ihr Herz hing. Natürlich wusste sie auch, dass hier an jedem ersten Samstag im Monat ein großer Teilemarkt stattfand. Da wollte sie unbedingt hin. Ihre Hommage an Rüsselsheim fiel allerdings ein wenig anders aus, denn als sie zur Vermeidung von Öltropfen eine Pappe unter Hudo legen wollte, übersah sie im Eifer einen Bordstein – und legte sich der Länge nach auf den Asphalt. Na gut, der Papst hatte ja auch immer zuerst den Boden geküsst.
Nur: Heidi fiel auf ihr Gesicht, ihre linke Wange schwoll sofort an und sie hatte ein blaues Auge. Das ging nicht so schnell wieder weg. So sah man sie ein paar Tage lang gesenkten Hauptes durch die Menge schreiten.
Ja und jetzt steht sie hier und ist wieder in ihrer Heimatstadt Berlin. Bevor sie zum Ausgangspunkt ihrer Weltreise auf den Olympiaplatz zurückkehrte, machte sie noch einen Stop am Brandenburger Tor, um hier ihren Fans zuzuwinken. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller zollte ihr größten Respekt: „Heidi Hetzer ist eine Ausnahmeperson, und sie hat eine Ausnahmeleistung vollbracht.“
Der Berliner Volksmund sagt gerne: „Janz Berlin is eene Wolke“. Heute war „janz Berlin“ ein roter Teppich. Es muss schon etwas ganz besonderes passieren, ehe die Berliner – die ja nun etliche Außergewöhnlichkeien gewohnt sind – sich sammeln, um jemandem wild und von Herzen zuzuwinken und mit Sprechchören zu begrüßen. Wo immer Heidi mit ihrem Hudo durch die Stadt fuhr, war sie von einem Konvoi von Oldtimern begleitet.
Um 14.30 Uhr hörte man auf dem Platz des Olympia-Stadions das immer lauter werdende röhrende „Husten“ von Hudo – und gleich dahinter Heidi – jung, frisch, optimistisch, strahlend wie immer. Es war gar nicht so einfach, Hudo irgendwo zu parken, denn wie überall war das Gespann umringt von Journalisten mit Mikrofon oder Kamera und Unmengen von Fans, alle bewaffnet mit ihren Mobilfunkgeräten, die allerdings gestern ausnahmslos als Fotoapparate genutzt wurden.
Heidi Hetzer kletterte auf ihren Hudo, erst auf die Motorhaube und dann aufs Dach, um den einen oder anderen in der Menge zu erkennen. Und dann erzählte sie – frei von der Leber weg. Sie braucht kein Manuskript; sie hat so viel erlebt, dass ihr Herz und ihre Zunge übersprudeln. Immer wieder sagt sie selbst: „Ich habe doch gar nichts Besonderes getan“, betonte Heidi Hetzer, „ich bin doch nur mit meinem Hudo durch die Welt gereist“. Ein Histörchen folgte dem anderen, und sie lässt auch ihren Emotionen freien Lauf. Sie erzählt und erzählt…
Wer glaubt, dass jetzt Ruhe in Heidi Hetzers Leben einkehrt, hat sich in den Finger geschnitten, denn jetzt gehts erst richtig los: Sie wird von den Medien von Talkshow zu Talkshow geschleift. Heidi hat ja auch unendlich viel zu erzählen. Gleich am 13. März plaudert sie beim RBB in der Sendung ZIB.
Lesen Sie die ganze Geschichte im nächsten KÜS-Magazin Frühjahr 2017.
Text und Fotos: Jutta Sein