Recht: Reisen – die Situation der Passagiere

Weihnachtszeit ist Reisezeit. Viele Deutsche durchqueren rund um die Feiertage das Land, um zum Fest bei ihren Angehörigen zu sein. Auch Kinder getrennter Paare sind oft unterwegs von einem Elternteil zum anderen. Die Anwaltauskunft beantwortet zum Fest die wichtigsten Fragen für große und kleine Passagiere von Zug, Fernbus und anderen Verkehrsmitteln.

Gerade zu Stoßzeiten und bei schwierigen Witterungsverhältnissen kann es auf Bahnstrecken zu Verzögerungen und Störungen kommen. Die Bahn entschädigt Fahrgäste in solchen Fällen nicht „nur“ mit einer monetären Teilerstattung des Reisepreises. Wenn ein Zug mindestens 60 Minuten verspätet eintrifft, dadurch beispielsweise der Anschlusszug verpasst wird und auch kein späterer Zug mehr fährt, muss das Unternehmen eine Hotelübernachtung zahlen. Die Kosten dafür müssen allerdings „angemessen“ sein, es darf also kein Aufenthalt im Luxus-Ressort mit fünf Sternen daraus werden.

Außerdem gibt es unter Umständen die Möglichkeit des Fahrzeugwechsels. Dafür muss die planmäßige Ankunftszeit allerdings zwischen 0 und 5 Uhr liegen und der Zug über 60 Minuten Verspätung haben. In solchen Fällen darf dann auf einen Bus oder ein Taxi umgestiegen werden. Die Kosten dafür dürfen bei maximal 80 Euro liegen, die entweder im Nachhinein erstattet oder in Form eines Gutscheins ausgehändigt werden. Rechtsanwalt Swen Walentowski, Sprecher der Deutschen Anwaltauskunft rät allerdings zur Rückversicherung durch Personal der Bahn um Missverständnisse zu vermeiden: „Betroffene sollten nicht einfach so in ein Taxi springen, sondern vorher Rücksprache an einem Informationsschalter am Bahnhof gehalten haben.“

Viele Passagiere sparen an diesen Tagen nicht an den 4,50 Euro für eine Platzreservierung. Doch es kann vorkommen, dass der Wagen mit dem gebuchten Platz gar nicht Teil des Zuges ist. In einem solchen Fall haben Reisende zwar keinen Anspruch auf einen anderen Sitzplatz, aber zumindest auf die Erstattung der Reservierungskosten. Betroffene müssen hierfür ein Kontaktformular ausfüllen und zusammen mit dem Reservierungsnachweis zur Bahn schicken. Das Porto muss der Kunde zahlen. Alternativ kann man aber auch zu einem Reisezentrum oder zu einem DB Informationsschalter am Bahnhof gehen – und sich so die Briefmarke sparen. Die Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn besagen im Übrigen, dass das Recht auf einen Sitzplatz erlischt, wenn dieser nicht bis 15 Minuten nach Abfahrt des Zuges eingenommen wurde. Wer zu Stoßzeiten reist, sollte also die Zeit einplanen, die es in einem vollbesetzen Zug dauern kann, bis man seinen Platz erreicht hat.

Auch wer sich keinerlei Fehlverhaltens zu Schulde kommen lässt und ein gültiges Ticket besitzt, kann eventuell des Zuges verwiesen werden. Denn in Deutschland werden Bahntickets nicht für bestimmte Züge, sondern für Strecken verkauft. Dadurch kann es allerdings vorkommen, dass die auf der Strecke fahrenden Züge überbucht sind. Aus Sicherheitsgründen müssen dann unter Umständen Passagiere des Zuges verwiesen werden. Dass sich besonders vor den Feiertagen Engpässe einstellen können, liegt nahe. Wer seine Chancen, mitgenommen zu werden, erhöhen möchte, bucht eine Platzreservierung. Und plant vorsichtshalber zusätzliche Zeit ein.

Im Gegensatz zu Erwachsenen dürfen minderjährige Passagiere vom Zugpersonal nicht ohne begleitende Maßnahmen des Zuges verwiesen werden, egal unter welchen Umständen. Obwohl man immer wieder davon liest. Möchte ein Schaffner ein Kind aus dem Zug verweisen, muss er mindestens sicherstellen, dass es nicht hilflos alleine zurückbleibt. Mindestens muss eine Polizeistreife herbeigerufen und dieser das Kind übergeben werden. Setzt ein Schaffner ein Kind einfach unbeaufsichtigt vor die Tür, begeht er mit unter sogar eine Straftat nach § 221 StGB, ein sogenanntes Gefährdungsdelikt.

Als Kind allein im Zug – durchaus möglich. Es gibt kaum rechtliche Einschränkungen. Beachten sollten Eltern allerdings § 8 des Jugendschutzgesetzes, in dem es um den Aufenthalt von Minderjährigen an sogenannten „jugendgefährdenden Orten“ geht. Als ein solcher Ort kann auch ein Bahnhof oder ein Flughafen gelten – falls das reisende Kind nicht reif oder verantwortungsbewusst genug ist. Solche Situationen werden von den Ordnungskräften im Einzelfall entschieden. Wenn Eltern auf Nummer Sicher gehen wollen, begleiten sie den Nachwuchs direkt bis zum Einstieg in den Zug oder Bus. Abgesehen davon sind der Reisefreiheit von Kindern und Jugendlichen in erster Linie von der elterlichen Fürsorgepflicht Grenzen gesetzt. „Die Eltern müssen entscheiden, ob sie es ihrem Kind zutrauen, alleine mit dem Zug zu fahren oder zu fliegen“, informiert Gesine Reisert, Anwältin für Verkehrsrecht.

Die Unternehmen haben meist klare Regeln, ab welchem Alter allein reisende Kinder mitgenommen werden. Mit der Bahn dürfen Kinder ab sechs Jahren alleine reisen. Bei Bedarf können die Eltern für ihre Kinder zwischen sechs und 15 Jahren eine Betreuung dazu buchen. Fernbusunternehmen stellen oft ebenfalls eigene Regeln auf. Bei BerlinLinienBus können Kinder ab neun Jahren allein mitfahren, bei MeinFernbus dürfen sie bereits ab acht Jahren einsteigen. Selbst Tickets kaufen dürfen Kinder übrigens erst ab einem Alter von sieben Jahren – erst ab dann sind sie eingeschränkt geschäftsfähig.

Erforderlich ist eine schriftliche Erlaubnis nicht. Eine derartige „Reisevollmacht“ kann aber generell sinnvoll sein, wenn Kinder alleine unterwegs sind, meint Rechtsanwältin Gesine Reisert, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein: „Ich empfehle Eltern, vor allem kleinen Kindern einen Zettel mitzugeben, auf dem sie ihm erlauben, alleine zu reisen. Dort sollte auch eine Telefonnummer für den Notfall, die Zieladresse und die Route, gegebenenfalls mit Umsteigebahnhöfen, angegeben sein.“ Das ist auch ratsam, wenn kleine Kinder mit älteren, aber dennoch minderjährigen Geschwistern unterwegs sind. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte dem älteren Kind eine unterschriebene Vollmacht mitgeben.

Copyright: Verkehrsrechts-Anwälte im Deutschen Anwaltverein

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