„Es wächst zusammen, was zusammen gehört“. Die DDR existierte nach diesem Satz von Willy Brandt anlässlich des Mauerfalls nur noch ein knappes Jahr. Das Ende des Arbeiter- und Bauernstaates bedeutete auch das Ende der Sachsenring Automobilwerke Zwickau, die den ostdeutschen „Volkswagen“ Trabant herstellten. Wenngleich die automobile Karriere des Trabis damit Geschichte war, konnte die Rennpappe im vereinigten Deutschland in eine ganz besondere ABM-Maßnahme eingegliedert werden. In der Komödie „Go Trabi Go“ von 1991 spielt „Schorsch“, ein himmelblauer Trabant 601, die Hauptrolle und avanciert zum waschechten Filmstar.
Schorsch ist das Auto von Udo Struutz, einem beflissenen Deutschlehrer aus Bitterfeld. Nach dem Mauerfall will der mit Frau Rita und der 17-jährigen Tochter Jacqueline die erste Westreise unternehmen. Nach dem literarischen Vorbild von Goethes „Italienischer Reise“ möchte Familie Struutz über Regensburg, München und Rom bis ins süditalienische Neapel reisen. Für den ollen „Schorsch“ ist die lange Reise eine echte Strapaze. So fallen nicht nur haufenweise Karosserie-Teile ab, als Udo mit dem Fahrzeug eine italienische Treppe herunter poltert, er entgeht auch nur sehr knapp der Bekanntschaft mit einer Schrottpresse. Ständig muss er mit Ersatzteilen und Reparaturen aufgepäppelt werden. Aber auch der Familiensegen hängt zuweilen gewaltig schief, so geht besonders Tochter Jacky des Öfteren ihre eigenen Wege. Letztendlich schafft es die gesamte Familie Struutz mit ihrem tapferen Schorsch von Ostdeutschland bis nach Süditalien.
Ähnlich wie der Normalbürger der DDR pflegt der Anglerhut tragende Udo Struutz, gespielt von Wolfgang Stumph, eine ausgeprägte Hassliebe zu seinem Trabi. Einerseits ist man stolz auf sein Auto, auf das man gut und gerne zehn Jahre warten musste. Andererseits hat man als Trabant-Besitzer immer wieder mit kleinen Problemen und den Eigenheiten des Gefährts zu kämpfen. Das zeigt sich besonders in der Fülle an Spitznamen, die dem Ostmobil verliehen wurden. Rennpappe, Duroplastbomber, Asphaltblase, Carton de blamage, Sachsenporsche oder Arbeitermercedes. Alle Kosenamen sind dabei mit einem selbstironischen Augenzwinkern zu verstehen. Auch die Fülle an Witzen über den Trabi ist beinahe unerschöpflich und wenn überhaupt, nur vom Manta übertroffen. In „Go Trabi go“ müssen sich Familie Struutz dann auch von einem Lastwagenfahrer – großartig gespielt von Diether Krebs – ganze 128 Trabi-Witze erzählen lassen! Neben Krebs geben sich im Film die Granden der deutschen Unterhaltungs- und Kabarettbranche die Klinke in die Hand. Mit dabei sind Billie Zöckler, Ottfried Fischer, Dieter Hildebrand und Konstantin Wecker, der als draufgängerischer Playboy posiert. Doch keiner kann Schorsch die Schau stehlen, der ganz spektakulär mal eben so auf nur zwei Rädern fährt.
Der Trabant 601 war das am meisten produzierte und verbreitetste Modell des Zwickauer Autoherstellers. Es zeichnete sich durch einfache Technik und günstige Materialien aus. Den Namen „übler Stinker“ bekam das Auto aber nicht ohne Grund. Unter der Motorhaube sorgt ein 600 cm³ Ölgemisch-schlürfender Zweitakt-Motor für gemächlichen Vortrieb. Mit seinen vier Gängen war es möglich den Trabi auf 108 km/h Höchstgeschwindigkeit zu bringen, zumindest laut Papieren. Das Gewicht liegt bei nur 600 kg, was vor allem auf die Duroplast-Karosserie zurückzuführen ist. Diese besteht aus leichten Baumwollresten und Phenolharz und wird im Volksmund gerne als Pappe bezeichnet. Neben dem Standard 601 gab es auch einen Trabant Kombi mit dem Namen Universal sowie eine Kübelversion für den militärischen Gebrauch.
Das Modell 601 wurde von 1964 bis 1990 hergestellt. Große technische Veränderungen gab es aber kaum, sodass der Trabi im vereinten Deutschland nicht konkurrenzfähig war und die Produktion eingestellt wurde.
Nichts erinnert heutzutage so sehr an die DDR wie der Trabant. Zum 25-jährigen Jubiläum der Wiedervereinigung ist Wolfgang Stumph alias Udo Struutz übrigens wieder in einen blauen Trabi gestiegen und hat seine Reise von damals wiederholt. Die reinste Ostalgie!
Text: Max Schneider
Foto: Deutsches Museum