Eine bewährte Regel für Rezensenten besagt: Wenn du schon den Titel erklären musst, besprich es gar nicht erst. Freilich: Keine Regel ohne Ausnahme, und dieses Buch von Topsy Küppers ist definitiv eine Ausnahme. Schon deshalb, weil sie im Untertitel erklärt, was das österreichische Wort Ungustl meint – das ist eben ein widerlicher Gast.
Topsy Küppers, Jahrgang 1931, beschreibt ihr Leben mit Darmkrebs. Sie tut es mit einem Humor, der einen nahezu fassungslos macht – das reicht von der Entdeckung von Merkwürdigkeiten über den Gang zum Arzt, die Diagnosestellung und schließlich den Alltag. Topsy Küppers, in Österreich seit langem eine der ganz Großen und auch in Deutschland berühmt geworden, hat ohnehin Humor als Markenzeichen entwickelt. Dass er sie just hier keineswegs verlässt, macht die Stärke des Buches aus. Es gehört schon eine Menge (Lebens)mut dazu, zum Beispiel, die Essenszeiten im Krankenhaus mit der Erinnerung an einen ganz besonderen Bühnenauftritt zu verbinden.
Aber Topsy Küppers weiß, dass dies hier kein Bühnenauftritt ist. Sie war keine Risikopatientin, so dass ihr Buch auch ein ganz klares Statement darstellt gegen die vielfach kolportierte Idee, eine schwere Erkrankung müsse ja sicher etwas mit Lebensführung oder Lebensstil zu tun haben. Das mag ein Verdrängungsmechanismus sein, solange man selbst nicht krank ist – Küppers' Buch widerlegt ihn so oder so. Übrigens: Der Ungustl, dieser fürchterliche Untermieter im Körper, hat die Vermieterin wider Willen nicht bezwungen: Am 17. August 2016 wird die gebürtige Aachenerin, die seit 1965 Österreicherin ist, 85 Jahre alt.
Topsy Küppers: Mein Ungustl. Ein widerlicher Gast. Langen Müller Verlag; 24 Euro.