Fragwürdiger Gesetzentwurf zur Besteuerung von Gaskraftstoffen:Prof. Harald Altjohann versteht die Politik nicht mehr. Jahrelang hat der Wissenschaftler an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (HTWdS) zusammen mit seinem Kollegen Prof. Thomas Heinze rund um das Thema Autogas geforscht und entwickelt. Der Kraftstoff hat ein enormes Potenzial, so seine Überzeugung – sowohl motorisch als auch in Sachen Umweltschutz. Entsprechend zufrieden war Altjohann, über nur einen – aber entscheidenden Satz – im Koalitionsvertrag: „Die bis Ende 2018 befristete Energiesteuerermäßigung für klimaschonendes Autogas und Erdgas wollen wir verlängern.“
Das war im Dezember 2013. Jetzt, erst zweieinhalb Jahre später, liegt ein Gesetzentwurf vor. Und der fällt ernüchternd für Autogas aus. „Da werden Fakten auf den Kopf gestellt“, ärgert sich Prof. Altjohann. Die Steuerreduzierung für Autogas (LPG) soll zwischen 2019 bis 2022 auf 0 reduziert werden. Erdgas (CNG) dagegen soll bis 2024 steuerlich gefördert werden. Eine Abschmelzung ist ab 2022 geplant.
„Diese Ungleichbehandlung der beiden Gaskraftstoffe ist durch nichts gerechtfertigt“, erläutert Altjohann. Betrachtet man die CO2-Emissionen nicht nur am Auspuff, sondern von der Quelle bis zum Rad, so sind beide Alternativkraftstoffe in etwa gleichwertig. Bei dieser Betrachtung wäre auch die Ökobilanz der mit Milliardenaufwand subventionierten Elektroautos bei weitem nicht mehr so positiv. Ihr Auspuff sind zumindest zum Teil die hohen Schornsteine der Kohlekraftwerke.
„Der Gesetzentwurf basiert auf einem zweifelhaften Gutachten des Heidelberger IFEU-Instituts“, moniert Altjohann. „Es sollte nur die fiskalischen Auswirkungen errechnen, hat aber ungefragt unhaltbare Aussagen zur Ökobilanz von Autogas und Erdgas gegeben.“ Dies hat der Saarbrücker Wissenschaftler im Februar Finanzminister Schäuble und seinen Kabinettskollegen Gabriel, Hendricks und Dobrindt kritisiert – ohne irgendeine Reaktion.
Dabei kann Autogas für sich eine Reihe von Vorteilen verbuchen. Eine vollständige Infrastruktur ist mit 6.700 Tankstellen bundesweit bereits vorhanden. Dieses Engagement der Mineralölbranche hat dazu geführt, dass die Zahl der Autogas-Fahrzeuge ohne weitere staatliche Förderung sprunghaft auf rund 500.000 angewachsen ist. Die eingesparte CO2-Menge ist damit rund fünfmal so hoch wie beim Erdgas-Pkw-Bestand von rund 80.000 Fahrzeugen.
Allein Autogas kann mit vertretbarem Aufwand – selbst bei modernsten Direkteinspitzern – nachgerüstet werden. Bei fast 30. Mio. Benzin-Pkw könnten hier enorme Mengen CO2 eingespart werden. Eine Umrüstung amortisiert sich jedoch nur bei einem reduzierten Energiesteuersatz in einem vertretbaren Zeitraum. Aktuell können Autogas-Pkw hinsichtlich der Anschaffungs- und Betriebskosten fast mit Diesel-Pkw konkurrieren. „Vor dem Hintergrund der exorbitant hohen Stickoxidemissionen von Selbstzündern sollte, ja muss der Gesetzgeber die derzeitig Autogasförderung beibehalten und eigentlich sogar ausbauen“, appelliert Prof. Altjohann an die Entscheider in Berlin.
Prof. Heinze hat gerade erst drei Opel Astra mit Diesel-, Benzin- und Autogasantrieb miteinander verglichen. Obwohl der Diesel als Einziger die Euro 6 hat (die beiden anderen Euro 5), lag das Autogasfahrzeug auf dem Prüfstand mit 2 mg NOx/kWh und im realen Fahrbetrieb mit 10 mg NOx/kWh ganz vorn, gefolgt vom Benzinfahrzeug mit 11 mg NOx/kWh im Laborbetrieb bzw. 18 mg NOx/kWh auf der Straße. Das Dieselfahrzeug kommt in denselben Bereichen auf 512 bzw. 1.740 mg NOx/kWh.
Text: gm-press/Gregor Mausolf
Foto: Projekt CO2-100minus/Alfred Fontaine