Buchtipp – Scheel: Mildred Scheel – Erinnerungen an meine Mutter

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Falk Stirkat findet in seinem Buch über den Arztberuf (vgl. www.kues.de vom 02. März 2016) deutliche Worte zur Behandlung von Krebs, für die Möglichkeiten und die Grenzen der medizinischen Behandlung anno 2016. Über Vorbeugemöglichkeiten und Vorsorgeuntersuchungen ist heute sicher vieles gesichert, was noch vor Jahren unbekannt war. Zwei Beispiele von vielen zum Umgang mit einer Krankheit, die schon im Namen Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen vermag.

Der offene Umgang ist aber auch ein Schlüssel zur Bekämpfung. Er wiederum ist maßgeblich einer Frau zu verdanken, die in den siebziger Jahren nahezu täglich in den Schlagzeilen war: Als ihr Mann Bundespräsident wurde und sie, 42-jährig, damit zur First Lady des Staates, setzte sie das traditionell karitative Engagement ihrer Vorgängerinnen fort. Aber wie! Mit der Gründung der Deutschen Krebshilfe brach die promovierte Röntgenärztin eines der größten Tabus der Zeit. Die Krankheit, über die seinerzeit noch oft genug erschrocken geschwiegen wurde, weiter zu erforschen, vor allem die Vorsorgeuntersuchungen und mögliche Behandlungen publik und populär zu machen, war fortan das Lebenswerk von Dr. med. Mildred Scheel.

Dabei mag ihr geholfen haben, womit sie sich schon vorher einen Namen machte: Als alleinerziehende Mutter und im Beruf stehende Ärztin hatte sie den verwitweten Walter Scheel kennengelernt und geheiratet. Berufliche Eigenständigkeit, die Freude daran, Klartext zu reden, eine gute Portion trockenen Humors – warum sollte sie all das nicht auch zum Motor ihres neuen Engagements machen? Sie warb dafür in beliebten Fernsehshows, es gab auch Benefizschallplatten, die dort vorgestellt wurden – das alles war schon ein Kontrastprogramm zum damals üblichen Bild der vor allem dezent zu seienden Politikergattin.

Scheels Tochter Cornelia erinnert sich in einem sehr persönlich formulierten Buch an ihre Mutter, die selbst mit 53 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung starb. Sie bestätigt einerseits das Bild einer Frau, die ein inhaltlich interessantes Gespräch einem langweiligen protokollarischen Ablauf vorzog und manchen Protokollchef ins Schwitzen brachte. Andererseits wird auch die Seite des Familienmenschen gezeigt, der es verstand, die Balance zwischen karitativem Engagement und Privatem immer im Blick zu behalten.

Auch 30 Jahre nach Mildred Scheels Tod begegnet man ihrem Namen immer wieder. Dieses Buch der Tochter über die Mutter wird seinen Teil dazu beitragen. Und wenn einem beim Lesen der ein oder andere Name von Prominenten einfällt, die sich für einen guten Zweck schon mal um keine Etikette scheren – ja, dann mag Mildred Scheel auch ihnen den Weg geebnet haben. Vor immerhin über 40 Jahren.

Cornelia Scheel: Mildred Scheel. Erinnerungen an meine Mutter. Rowohlt Verlag; 19,95 Euro.

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