„Schleudertrauma im Outback“: Rallye-Cracksrocken beim KÜS-Stadtrundkurs das Saarland

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Skandinavische Verhältnisse zum Auftakt der Deutschen Rallyemeisterschaft: Beim ersten von zehn Läufen zur DRM, der Saarland-Pfalz-Rallye im saarländischen St. Wendel, mussten am Wochenende die 84 Teams, die am Freitagabend auf dem Schlossplatz in St. Wendel über die Startrampe gegangen waren, mit Witterungsbedingungen kämpfen, die die ganze Schwierigkeit und Unberechenbarkeit des Rallyesports ausmachen: Lang anhaltende heftige Schneefälle auf den Höhen und Dauerregen in den tieferen Lagen hatten die Grenzregion zwischen Saarland und Pfalz an der Grenze zu Frankreich in ein wahres Eldorado für die Spezialisten unter den Quertreibern verwandelt.

Die „SPR“ war in diesem Jahr in der Tat nichts für Schönwetterpiloten. Während Vorjahressieger Fabian Kreim im Škoda R5 seinen Triumph an gleicher Stelle wiederholen konnte, lieferte sich die Meute der Fahrer, darunter etliche nationale und internationale Talente und viele erfahrene „alte Hasen“, einen faszinierenden Kampf auf der sprichwörtlichen „heißen Rille“. In etlichen Divisionen, Klassen und Cupwertungen wurde auf den 12 der zunächst vorgesehenen 14 Wertungsprüfungen mit Glanzleistungen am Volant angesichts des „Sauwetters“ bravourös um Sekunden und Zehntelsekunden gekämpft. Nachdem die beiden Prüfungen 1 und 3 am Freitagabend aus Sicherheitsgründen abgesagt worden waren, wurden die beiden KÜS-Stadtrundkurse durch die illuminierte City der Kreisstadt St. Wendel zu absoluten Höhepunkten der Veranstaltung.

Denn die Rallye wartete nicht nur im „Outback“ auf die gummistiefelbewehrten Fans, sie kam auch sozusagen zu ihren Bewunderern ins „Wohnzimmer.“ Tausende von Besuchern verfolgten deshalb nach der langen Winterpause in der abgesperrten Innenstadt der motorsportverrückten Gemeinde im nördlichen Saarland das Duell der „fliegenden Hasenkästen“ an den Bordsteinen. Oft nur um wenige Zentimeter von den driftenden Piloten entfernt, aber immer mit dem gebührenden Sicherheitsabstand, waren die Rallyefans zum Saisonauftakt so nah dran an ihren Idolen wie das nur im Rallyesport möglich sein kann.

Für eines der jungen, hungrigen Talente im Schalensitz war die Rallye, vor allem aber der KÜS-Stadtrundkurs ein Erlebnis der ganz besonderen Art. KÜS-Förderpilot Lukas Meter, der 2015 in seinem ersten Jahr die R1-Wertung der Citroën Racing Trophy gewonnen hatte, feierte nach seinem Aufstieg in die Leistungsstärkere R3 ein Heimspiel der besonderen Art. Mit Tempo 120 ging es zwei Mal quasi an seinem Bürofenster vorbei auf die Jagd nach Zehntelsekunden. Mit seiner Kopilotin Natalie Schmidt-Solbach, mit der der 23-Jährige bereits im vergangenen Jahr erfolgreich unterwegs gewesen war, ging er auch die Saison 2016 und die neuen Herausforderungen mit Bravour an.

„Unter diesen Umständen ein neues, leistungsstärkeres Auto zum ersten Mal im Wettbewerb zu fahren, war schon Wahnsinn. Da sind so viele Parameter, an denen man verschiedene Dinge einstellen kann, das konnten wir beim ersten Mal gar nicht richtig austesten“, resümierte Lukas Meter nach der Rallye. Als Dritte in der Racing Trophy konnten er und seine Kopilotin dennoch wichtige Punkte für die Meisterschaft sammeln.

Zwischendurch sah es nach einem Abflug auf der WP „Windpark“ schon einmal sehr düster für die junge Citroën-Besatzung aus. „Da haben wir eine gute viertel Stunde verloren, aber mit Hilfe der Zuschauer sind wir wieder auf die Strecke gekommen. Zum Schluss sind wir dann größtenteils auf Sicherheit gefahren, um anzukommen und Punkte zu sammeln. Aber was das Auto wirklich kann, das wissen wir nach diesem Höllenritt beileibe noch nicht.“

Ganz oben auf dem Treppchen bei der Siegerehrung stand wie schon im Vorjahr Fabian Kreim aus Fränkisch-Crumbach. Zusammen mit seinem Kopiloten Frank Christian (Oberhausen) absolvierte er im Fabia R5 von Škoda Auto Deutschland die zwölf Wertungsprüfungen über 111,74 km in 1:18:33,2 Stunden. „Dieser Sieg war wirklich harte Arbeit, so der Förderpilot der ADAC Stiftung Sport. „Die Bedingungen waren die schwierigsten, die ich hier bisher erlebt habe: Schneefall, Regen, trocken, dazu viel Matsch, und einige ungewollte Drifts – es war wirklich alles dabei. Dieser Erfolg macht zwar Lust auf mehr, aber die Konkurrenz ist in diesem Jahr so stark wie schon lange nicht mehr.

Rang zwei sicherten sich die deutschen Rallyemeister von 2013, Georg Berlandy und Peter Schaaf (Stromberg / Mayen) im Peugeot 207 S2000 mit einem Rückstand von 1:33,6 Minuten. Der erste Sieg in der neugeschaffenen 2WD-Wertung ging an die Junior-ERC-Piloten Marijan Griebel/Stefan Kopczyk (Hahnweiler/Heilbronn) im Opel Adam R2. Die Powerstage gewann der Belgier Yannick Neuville, Bruder des WRC-Piloten Thierry Neuville und sicherte sich damit die zusätzlichen drei Punkte.

Für den in der DRM-Wertung viertplatzierten Christian Riedemann (Sulingen) und seiner luxemburgischen Kopilotin Lara Vanneste war es der erste Einsatz im Peugeot 208 T15 R5 von Peugeot Deutschland/ROMO-Motorsport. Wir wollten ins Ziel kommen und das Auto kennenlernen. Aber ab der zweiten, dritten Rallye will ich ganz vorne mit dabei sein.

Die Deutsche Rallyemeisterschaft hat in der neuen Saison noch einmal eine mediale Aufwertung erfahren. Der führende Spartensender „Sport1“ berichtet auch 2016 in einem DRM-Magazin über die nationale Rallye-Top-Liga. Von allen zehn Veranstaltungen berichtet SPORT1 im frei empfangbaren Fernsehen weiterhin in einem Magazin, das mit einer Sendedauer von 30 Minuten nun doppelt so lang ist wie im vergangenen Jahr. Das Magazin wird in der Regel am Samstag nach den Veranstaltungen um die Mittagszeit ausgestrahlt. Am kommenden Samstag können also ab 11.30 Uhr noch einmal die spektakulärsten Szenen von allen Prüfungen, darunter auch der KÜS-Stadtrundkurs, in bewegten Bildern genossen werden.

Text: Jürgen C. Braun
Fotos: Oliver Kleinz

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