Liebe Leserin!
Lieber Leser!
Mit heroisch anmutenden Begriffen wie „Mythos“ oder „Legende“ wird oft sehr verschwenderisch umgegangen. So kommt es dann, dass bestimmte Dinge oder Ereignisse in den Genuss des Außergewöhnlichen kommen, der ihnen eigentlich gar nicht zusteht.
Bei dem Ereignis, um das es heute an dieser Stelle geht, ist das allerdings nicht der Fall: Wenn an diesem Wochenende die Saison in der Rallye-Weltmeisterschaft beginnt, und sich an der französischen Mittelmeer-Küste im mondänen Fürstentum von Monaco die besten „Quertreiber“ des Motorsports bei der Siegerehrung ein Stelldichein geben, dann darf schon mit Fug und Recht vom „Mythos Rallye Monte Carlo“ gesprochen werden.
Leider wird auch in diesem Jahr in diesem exzellenten Fahrerkreis wieder einmal – sieht man von Ex-Europameister Armin Kremer in der WRC2-Kategorie ab – kein deutscher Pilot von Klasse dabei sein. Das ist eigentlich nichts Neues, obwohl die Autofahrer-Nation Deutschland leider Gottes immer noch vom lange zurückliegenden, aber nicht verblichenen Ruhm eines Walter Röhrl zehrt. Doch der wird immerhin im nächsten Jahr bereits 70, obwohl er ein (Rallye)-Auto auch heute noch zu bewegen weiß, wie kaum ein Zweiter.
Es ist müßig, die Frage wieder zu diskutieren, warum ein deutscher Hersteller, der die Szene in den vergangenen Jahr fast nach Belieben dominiert, nicht auch in der Lage ist, einen der durchaus talentierten jungen Leute in dieser wunderschönen Sportart über einen überschaubaren Raum so zu fördern und zu führen, dass ein deutscher Fahrer in einem deutschen Fahrzeug bei einem WM-Lauf auf deutschem Boden eine Chance hätte. Aber das Wettbewerbs-Umfeld der Autobauer, das längst auf Globalität und Märkte außerhalb Europas ausgerichtet ist, sieht nun einmal keine Notwendigkeit darin, aus eigenem Interesse nationale Nachwuchsarbeit zu forcieren. Schade.
Bewegte Bilder von der „Monte“ werden wir auch in diesem Jahr wieder nur sehr spärlich in den Spartenkanälen oder in den diversen Internet-Livestreams zu sehen bekommen. So bleibt also nur zu hoffen, dass zumindest an der Spitze so etwas wie ein Mehrkampf zwischen verschiedenen Herstellern und nicht nur ein Duell von Werksangestellten aus Wolfsburg die Saison bestimmen wird. Die „Monte“ mit ihren Klassikern in den französischen Seealpen wird einen ersten Eindruck davon wiedergeben. Vielleicht kann ja Hyundai in seinem dritten Jahr in der Rallye-WM mit einem krachneuen Fahrzeug endlich einmal so etwas wie ein ernsthafter Konkurrent sein.
Wer sich allerdings nicht mit Eurosport oder Internet zufrieden geben will, dem sei schon jetzt der Auftakt in der nationalen Rallye-Szene empfohlen. Am ersten März-Wochenende beginnt mit der Saarland-Pfalz-Rallye rund um die Kreisstadt St. Wendel die von der KÜS unterstützte Deutsche Rallyemeisterschaft. Und da sitzen ein paar richtige gute Jungs mit viel Herz, Mut und Talent hinter dem Steuer, die es verdient haben, dass man ihnen einmal live auf den Wertungsprüfungen zuschaut.
Auch wenn es zum Mythos noch nicht gereicht hat und wohl auch nie reichen wird.
Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.
Ihr Jürgen C. Braun