Kaum zu glauben, aber Heidi Hetzer ist jetzt schon 15 Monate unterwegs. 15 Monate! Und was hat sie unterwegs nicht alles erlebt!
So sah ihre November-Route aus: New York – Philadelphia – Baltimore – Washington – Norfolk/Virginie Beach nach North Carolina.
Anfang Oktober war sie ja auf der Insel Nantucket auf einer McKay-Familienfeier. Wetten, dass Sie die Nachbarinsel kennen oder mindestens von ihr gehört haben? Es ist Martha's Vineyard, genau die Insel, vor der 1969 die Amerikanerin Mary Joe Kopechne ertrunken ist, als sie mit Senator Edward Kennedy unterwegs war.
Nach dieser Familienfeier steuerte Heidi ihren Hudson, den sie liebevoll Hudo nennt, entlang der Ostküste hinunter Richtung Stamford. Es ist unglaublich, aber trotz dem Unfall mit ihrer rechten Hand fotografiert sie wie wild. Sie lenkt mit den Knien.Von Nantucket aus hat ihr Ex-Ehemann Bob die Heidi ein paar Tage begleitet, hat sich rührend um alle Details rund ums Auto gekümmert, zum Beispiel, ob die Koffer auch gut festgezurrt sind oder ob genug Benzin im Tank ist. Ihr Sohn Dylan musste ja gleich nach dem Familientreffen wieder nach Berlin zurückfliegen.
Auf ihrem Trip durch die USA fühlte Heidi Hetzer sich nicht mehr so richtig wie eine Weltreisende, sondern eher wie eine Touristin. Nicht mehr so exotisch.
Nun denn, New York ist einem ja nicht mehr so fremd, denn Fotos von der Brooklyn-Bridge, der Fifth Avenue, Ground Zero oder Times Square gehören immer noch zu den Pflichtfotos, die man mit heimbringen sollte.
Inzwischen hat sie ihrem Hudo eine neue Hupe spendiert. Es ist eine Hispano Suiza. Leider können wir Ihnen nicht vorspielen, wie sie sich anhört, wir haben nur die total heiseren Huplaute im Kopf, mit denen Heidi sich im Juli 2014 aus Berlin verabschiedet hat.Eine Woche lang hatte Heidi Hetzer eine Zwangspause eingelegt, und zwar als sie Hudo auf einer Ausstellung im Hershey-Park zur Schau stellte. Stellen musste, denn Hudo und Heidi waren als besonderes Exponat angekündigt worden. Ganz tatenlos war die Zeit dann aber doch nicht, denn sie hat eine Menge freundlicher neuer Leute kennengelernt. Es waren nicht so viele Deutsche hier wie sie erwartet hatte, aber immerhin: Sie war dankbar für jede helfende Hand. Und davon gab es reichlich.
Nach dieser Ausstellungs-Woche ist Heidi dann – diesmal völlig ohne Grund – in eine Werkstatt gefahren. Hudo drei Wochen ohne Wehwehchen? Das war ihr nicht so ganz geheuer. Aber es war wirklich nichts. Die Mechaniker haben eine Schraube nachgezogen und die Bremse nachgestellt. Sonst nichts. Ja gut, den Kofferdeckel repariert. Aber das war ja nichts Richtiges.
Dann wurde es Zeit, an sich selbst was zu tun: Anfang des Monats hat man Heidi in einem New Jerseyer Krankenhaus einen Splint in den Mittelfinger der rechten Hand gesetzt. Der musste nach drei Wochen aber wieder entfernt werden. Der fing nämlich an zu schmerzen.
Ja und jetzt war sie mitten in Washington. Ein freundlicher Helfer fuhr sie in die Notaufnahme. Aber man hat sie abgelehnt: Sie sei kein Notfall. Schließlich fand sie einen Handchirurgen, Dr. Mustafa, aber der war erst in vier Tagen wieder verfügbar. Na gut, Heidi Hetzer ist ja nicht unter Zeitdruck.
Also vertrieb sie sich die Zeit. Wo kann man das besser als im Weißen Haus? So richtig nah kam sie aber nicht ran, nur bis zur Umzäunung. Obama hat was verpasst. Okay, sie hieß ja auch nicht Clärenore Stinnes. Die hatte damals immerhin eine Audienz beim Präsidenten Hoover.
Aber etwas anderes hat man Heidi Hetzer angedeihen lassen: Im fernen Deutschland, genauer gesagt in Wolfsburg, endete die Rallye um das goldene Klassik-Lenkrad. Und hier wurde Heidi zur Person des Jahres gekürt. Im Beisein von 200 illustren Gästen. Aber leider ohne die Hauptperson. Wird man sicher nachholen.
Heidi besuchte auch die Deutsche Botschaft. Zunächst nur von außen, aber schließlich wurde sie doch eingeladen, reinzukommen. Es hatte sich nämlich herumgesprochen, dass diese ältere Dame mit dem noch älteren Auto auf Weltreise in Washington ein paar Tage Aufenthalt hatte.
Eben hat sie in Virginia Beach auf dem Weg nach Norfolk den Hampton-Tunnel durchquert. Vor dem Tunnel erinnern große Plakate daran, nur ja genügend Benzin im Tank zu haben! Eigentlich den übervorsichtigen Amerikanern geschuldet. Denn der Tunnel ist nur 5,6 Kilometer lang.
Am 23. Oktober hat sie die Grenze nach North-Carolina überschritten. In Raleigh hatte es ihr ein Pub besonders angetan. Sehen und reingehen war ein Gedanke bei ihr. Es waren auffallend viele Frauen in dem Pub. Und James. Mit ihm konnte sie über ihren Hudo reden. Der brauchte nämlich doch mal wieder einen Werkstatt-Aufenthalt. Na klar, es war ja wieder ein Freitag … Diesmal waren es die Bremsbeläge, die stark verölt waren.
James und sein Pudel Chloe sind mit ihr so drei bis vier Stunden nach Landis gefahren, weil James dort eine Super-Werkstatt kennt mit Super-Mechanikern. Es hat sich gelohnt, denn nun ist alles wieder okay. Wie lange wohl?
Aktuell ist Heidi in Williamsburg und zieht ein Resümee: Der Oktober war finanziell sehr preiswert. Nur einmal hat sie in einem Hotel übernachtet, ansonsten immer bei Freunden oder Bekannten. Auf dem Tacho hat sie 47.300 Kilometer, aber das stimmt nicht so ganz. Man müsste gut 20 Prozent dazuzählen. Sie rechnet nach: Erst mal geht der neue Tacho nach und außerdem war zwischen Bukhara und Almaty der Kilometerzähler komplett ausgefallen.
Beim Anblick des wunderschönen Indian Summers rings um sie herum wurde Heidi Hetzer dann doch ein wenig melancholisch: Sie ist ruhiger geworden seit dem Unfall mit ihrer rechten Hand. Heidi ist nicht mehr so übermütig. Sie kann ihre Sachen nicht richtig einpacken und auspacken. Es geht ihr alles so auf den Zeiger.
Trotz allem bleibt Zeit um in Wehmut an die Strecke zu denken, die schon hinter ihr liegt: Vor genau einem Jahr nämlich war sie in Kasachstan, in Almaty und wartete auf ihr Visum nach China …
Text: Jutta Sein
Fotos: Heidi Hetzer