Aus dem Straßenbild ist er längst entschwunden und auch bei Rückblicken auf traditionsreiche Rüsselsheimer Modellreihen steht der Ascona B stets im Schatten seines emotionsgeladenen Zwillingsbruders, des Opel Manta B. Dabei ist der Manta letztlich nicht mehr als die Coupéversion des vermeintlich langweiligen Ascona. Gekleidet in konservativen Stufenheckschick, so wie ihn der drei Jahre zuvor präsentierte Opel Rekord II eingeführt hatte, gewann der Ascona B von 1975 bis 1981 rund 1,5 Millionen Käufer, die sich für die vielseitigen Talente der Vierzylinder-Limousinen begeisterten.
Konnte der Ascona die meisten seiner über 20 Konkurrenten doch auch in Vergleichstests regelmäßig niederringen und dort sogar Alfa Romeo Alfetta und BMW 316 bezwingen. Noch besser sah es auf den Rallyepisten aus: Als Ascona 400 lieferte er die technische Basis für jene triumphale Siegesserie, die Walter Röhrl zum Titelgewinn der Rallye-Weltmeisterschaft 1982 trug. Derweil feierten die Briten das Ascona-Parallelmodell Cavalier als Retter der traditionsreichen GM-Marke Vauxhall und sogar in Südafrika sorgte der Opel für Furore und das gleich im Doppelpack als Chevrolet Chevair (mit Vauxhall-Front) und Chevrolet Ascona (mit Opel-Gesicht).
Tatsächlich trat der Opel Ascona auch in Europa in nicht weniger als elf Ländern in Konkurrenz zu seinem Doppelgänger Vauxhall Cavalier, der sich vom Rüsselsheimer im Wesentlichen durch seine Front im Opel-Manta-Look unterschied. Anders als bei Ford, wo die Europa-Töchter bereits seit Beginn der 1960er Jahre kooperieren müssen, entschied sich GM erst zehn Jahre später, Opel und Vauxhall Rationalisierungsmaßnahmen zu verordnen. Damals lag Vauxhall fast am Boden und galt vielen Käufern als Inbegriff schnell rostender und schlecht zusammengebauter Autos. Ganz anders Opel, weshalb die Marke im Zeichen des Blitzes auch in England angeboten wurde. Ab 1975 musste die Opel-Mittelklasse dann sogar Vauxhall auf die Sprünge helfen, denn Ascona B und Manta B wurden nur wenige Wochen nach ihrer Markteinführung auch als Cavalier und Cavalier Coupé lanciert. Erfolgreich, wie sich schnell zeigte. Vauxhall fand zurück in die Erfolgsspur, denn der Qualitätstransfer vom Ascona zum Cavalier gelang. Zumal der Ascona dem früheren Opel-Slogan „Opel, der Zuverlässige“ alle Ehre machte. Dauertests der Fachpresse absolvierte er ohne einen einzigen außerplanmäßigen Werkstattaufenthalt und in den Wartungskosten wurde der Ascona als so preiswert wie kein anderes Mittelklassemodell gewürdigt. Selbst Kompakte wie der VW Golf waren nach Analysen von Fachleuten teurer im Wartungsaufwand.
Dabei spielte der Opel Ascona in der Liga von VW Passat, Ford Taunus, Audi 80, Fiat 131/132, Simca 1307/1308 oder Peugeot 305. Dort brillierte die Mittelklasse im Zeichen des Blitzes nicht nur bei Vergleichstests, sondern vor allem bei den Verkaufszahlen. So übertraf der nur optisch komplett erneuerte und gediegen verpackte Ascona B die Popularität seines Vorläufers um mehr als das Doppelte und auch mit dem kompakten Kadett konnte er bei den Zulassungen fast gleichziehen. Dafür genügten dem Ascona B ganze zwei Karosserievarianten (Zwei- und Viertürer), die beim Vorgänger noch angebotene Kombiversion Voyage vermissten überraschend wenige Kunden. Vielleicht, weil es für Familien und Firmen den klassischen Rekord Caravan gab, der sich erst nach dem 1977 erfolgten Modellwechsel in Preisen und Größe wieder deutlich vom Ascona B differenzierte.
Tatsächlich hatte auch der Ascona beim Generationenwechsel an Größe zugelegt, so war der Radstand 8,8 Zentimeter länger zugunsten verbesserter Beinfreiheit im Fond. Die Karosserie-Gesamtlänge wuchs sogar um fast 20 Zentimeter auf stattliche 4,32 Meter. Im Vergleich wirkten etwa Audi 80 und VW Passat oder frühe Japaner wie Datsun Bluebird geradezu zierlich.
Satten „Gewinn in der Mitte“ spülte der Ascona B in die Kassen der deutschen GM-Tochter und sogar lästig lange Lieferfristen gab es im Jahr 1976 zu bewältigen, das aber auch anderen Herstellern einen Verkaufsrekord bescherte. Damit der Höhenflug des Ascona über viele Jahre fortgesetzt werden konnte, gönnte Opel seinem Geldbringer jährliche Modellpflegen. Dabei wurde in erster Linie das umfangreiche Motorenprogramm regelmäßig erweitert oder erneuert – die Palette aus insgesamt elf Triebwerken mit einem Leistungsspektrum von 40 kW/55 PS (1,2 Liter) bis 81 kW/110 PS(2,0-Liter-Einspritzer) galt damals als beinahe konkurrenzlos groß. Zumal Opel auch noch zwei Spezialitäten nachreichte: Mit markanter Hutze auf der Haube wurde im September 1978 ein 2,0-Liter-Diesel mit 43 kW/58 PS lieferbar, der vor allem in Italien und Frankreich Fans fand.
In Deutschland verhinderte die Vmax von nur 137 km/h eine allzu deutliche Überschreitung der noch neuen Autobahn-Richtgeschwindigkeit, während der Norm-Verbrauch von 8,1 Litern Diesel auf 100 Kilometer immerhin 20 Prozent niedriger lag als bei gleich starken Ascona mit Ottomotor. Im Vergleich zu den modernen Sechs-Liter-Knauserern VW Passat und Peugeot 305 Diesel wirkte der Opel-Ölbrenner jedoch geradezu verschwenderisch und von gestern.
Seinen Leistungszenit erreichte der Ascona auf dem Genfer Salon 1979: Dort debütierte der Ascona 400 mit 2,4-Liter-16V-Motor und 103 kW/140 PS, der zur Motorsporthomologation in 400 Einheiten gefertigt werden sollte. Mit dem Wettbewerbs-Ascona wollte Opel seine beispiellose sportliche Erfolgsserie fortschreiben, die in der Saison 1978 insgesamt 1.084 Siege, darunter 242 erste Plätze im Gesamtklassement eingebracht hatte. Zusätzlich zum zivilen Ascona 400 wurde deshalb eine heiße Doppelvergaser-Variante mit 177 kW/240 PS lanciert. Der Preis für den 140-PS-Ascona lag anfänglich mit 40.000 Mark auf Porsche-911-Niveau, wurde aber im Oktober 1980 auf 29.990 Mark gesenkt. Nochmals gut 20.000 Mark teurer war die 220 km/h schnelle 240-PS-Variante mit motorsportlichen Zutaten. Seinen Rallye-WM-Auftakt gab der Ascona 400 im Werksteam bei der Rallye Monte Carlo 1980, die er mit dem Fahrer Anders Kuläng auf dem vierten Platz beendet. Es folgt ein Sieg in Schweden und schon gilt der Ascona 400 als Titelaspirant. Diesen aber sichert sich der Regensburger Walter Röhrl auf Fiat 131 Abarth, der im Folgejahr für Mercedes fahren will. Dann aber ziehen sich die Stuttgarter aus dem Rallyesport zurück und Opel nimmt das legendäre Gespann Walter Röhrl/Christian Geistdörfer unter Vertrag für die Saison 1982.
Zu dieser Zeit hatte der Serien-Ascona B bereits das Feld für seinen Nachfolger, den frontgetriebenen Ascona C, geräumt. In einer an Dramatik nicht zu überbietenden Rallyeserie gewannen Röhrl und Geistdörfer 1982 die Fahrerweltmeisterschaft gegen den eigentlichen Titelfavoriten Audi, der sich dafür im letzten Rennen mit seinem Quattro jedoch die Markenwertung sichert. Da hatte Walter Röhrl Opel bereits wieder verlassen. Was Opel nicht daran hindert, mit dem Ascona 400 auch noch die Rallye-Europameisterschaft 1982 zu gewinnen. Welch glanzvoller Abschied für den altgedienten Ascona!
Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: Opel/SP-X