Industriemuseum Chemnitz: Wieder am „Netz“

Beitragsbild
Foto 1
Foto 2
Foto 3

„Industrie im Wandel erleben!“: So lautet das Motto der neuen Dauerausstellung im Industriemuseum Chemnitz, die jetzt offiziell wiedereröffnet wurde. In mehr als 500 Exponaten werden auf etwa 3.600 Quadratmetern Fläche rund 220 Jahre Industrie- sowie 850 Jahre Bergbaugeschichte in Sachsen dargestellt. Dabei geht es neben der technischen Entwicklung und die Geschichte bekannter sächsischer Unternehmer und Erfinder auch um die Auswirkungen des industriellen Wandels auf das Leben der Menschen. Die Ausstellung in einer ehemaligen Gießerei wurde seit Juli 2014 für rund zwei Millionen Euro überarbeitet.

In der Wirtschaftsregion Chemnitz-Zwickau werden seit 1904 Pkw, Motorräder und Nutzfahrzeuge gefertigt. Zudem haben dort Marken wie „Horch“, „Audi“, „Wanderer“ und „DKW“ ihren Ursprung. Den Grundstein für die dortige industrielle Entwicklung des Automobilbaus legte der Ingenieur August Horch. Als Absolvent des Technikums in Mittweida siedelte er nach Stationen in Köln und Reichenbach 1904 nach Zwickau um und gründete dort die A. Horch & Cie. Motorenwerke AG. Als erster in Deutschland verwendete er für seine Automobile bereits Aluminiumguss bei Motoren und Getriebegehäusen, die Kardanwelle als Kraftübertragungselement und hochfesten Stahl für Getriebe-Zahnräder.

Nach Differenzen mit dem Aufsichtsrat gründete Horch 1909 unter dem Namen „Audi“ ein weiteres Automobilbauunternehmen in Zwickau und setzte den Weg bahnbrechender Neuerungen fort: Das Lenkrad setzte er auf die linke Seite und den Schalthebel in die Mitte des Fahrzeugs. Entwicklungen, die später fast weltweit übernommen wurden und jetzt selbstverständlich sind.

In Schönau bei Chemnitz wurden 1902 bei den Wanderer-Werken bereits Motorräder gefertigt und im Jahr 1913 ging die erste Kleinwagenkonstruktion in Serie, die unter der Bezeichnung „Wanderer Puppchen“ große Popularität erlangte. Ab 1925 beginnt man dort mit dem „Typ W9“ einen Pkw im Mittelklassesegment zu produzieren, dem 1926 mit dem leistungsstärkeren „Typ W10“, der Wagen hatte Vierradbremsen, ein Verkaufsschlager folgte.

Wie Horch hatte auch der aus Dänemark stammende Jörgen Skafte Rasmussen sein Ingenieurstudium in Mittweida abgeschlossen, und wie Horch sollte auch Rasmussen Kraftfahrzeuggeschichte schreiben. Zunächst gründete er 1904 in Chemnitz eine Apparatebaufirma. Später zog er nach Zschopau und experimentierte dort ab 1916 mit der Entwicklung von Dampfmotoren. Aus diesen Versuchen ging schließlich der Markenname DKW (Dampf-Kraft-Wagen) hervor. 1918 übernimmt Rasmussen die Rechte an einem Zweitaktmotor, von Hugo Ruppe als Spielzeugmotor konstruiert. Rasmussen lässt daraus zunächst einen Fahrradhilfsmotor, später einen Motorradmotor entwickeln. In wenigen Jahren stieg DKW zum größten Motorradhersteller der Welt auf; im Motorenbau nahmen die Zschopauer DKW-Werke mit den zuverlässigen Zweitaktmotoren eine weltweit führende Stellung ein.

Um den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise zu begegnen, schlossen sich die westsächsischen Automobilbauer Horch, Audi, Wanderer und DKW im Jahre 1932 unter dem gemeinsamen Markenzeichen der vier ineinander verschlungenen Ringe zur Auto-Union zusammen. Der Konzern wuchs zum zweitgrößten Kraftfahrzeughersteller Deutschlands und konnte vom Zweirad über den Klein- und Mittelklassewagen bis hin zur Luxusklasse alle Segmente des Marktes bedienen. Bis zur Wende wurden Motorräder, Nutzfahrzeuge und der inzwischen zum Kultauto avancierte Pkw „Trabant“ gebaut, von dem zwischen 1958 und 1991 drei Millionen Stück das Werk „Sachsenring“ in Zwickau verließen.

In der neuen Ausstellung steht ein „DKW F7“-Wagen aus dem Jahr 1938. Das Besondere: Das Modell ist in der Mitte aufgeschnitten. Ein seltener Einblick in Automobilgeschichte. In neun Schwerpunkten werden die wichtigsten Industriezweige der Region vorgestellt. Das Industriemuseum wurde 2003 eröffnet. Bislang zählte es 680.000 Besucher. Der Automobilbau ist ein Schwerpunkt der Schau: Auf 60 Quadratmetern und drei Etagen thronen elf historische Fahrzeuge.

Text: Erwin Halentz
Fotos: Industriemuseum Chemnitz; Hanus, Träupmann, Zschoke

Nach oben scrollen